WAZ: Der Gipfel des Zynismus - Kommentar zu Rekordgewinnen und mangelnder Demut
Archivmeldung vom 27.12.2017
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Freigeschaltet durch André OttDie deutschen Top-Konzerne melden Rekordumsätze und -gewinne. Es wäre schlimm, wenn es anders wäre in diesem Daueraufschwung, der dem Land auch immer neue Beschäftigungsrekorde beschert. Wer also ob der Bilanzen in Kapitalismuskritik an der Jagd nach Rendite verfällt, müsste schon anfügen, dass Unternehmen ohne Rendite auch keine neuen Jobs schaffen.
Doch im Einzelfall dürfen Rekordzahlen schon nachdenklich machen - zum Beispiel bei Konzernen, die ihre Kunden nachweislich betrogen, aber nicht entschädigt haben. VW scheint auf einem guten Weg, den Diesel-Skandal zumindest bilanziell in Rekordzeit vergessen zu machen. Tatsächlich sind auch viele Neuwagenkäufer nicht nachtragend und lassen sich von hohen Rabatten in die Autohäuser locken.
Doch Millionen Dieselfahrer haben den Abgas-Betrug nicht vergessen. Sondern sich mit Software-Updates von zweifelhafter Wirkung zufrieden geben müssen, während in den USA Milliarden an Entschädigungen an die verprellten Kunden fließen. Dass VW-Chef Müller dieser Tage auch noch den Chefmodernisierer gibt und das Ende der Dieselsubventionen fordert, muss für sie der Gipfel des Zynismus sein.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (ots) von Stefan Schulte