Westdeutsche Zeitung: NRW-PR-Affäre
Archivmeldung vom 19.10.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie schwarz-gelbe Landesregierung ist gerade erst einmal zwei Jahre im Amt, die Minister und ihr Chef gerieren sich oft wie die Sonnenkönige. Bauminister Oliver Wittke will einen Amigo auf eine hochdotierte Chef-Position im Landesdienst hieven. Daran hindert ihn nur ein unseliger Nazi-Vergleich seines Spezis. Diesen Vorfall könnte man als einmaligen Fehltritt verbuchen, reihte er sich nicht nahtlos in eine ganze Reihe anderer Affären und Affärchen.
Es ist vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der aus den
Hinterzimmern der Macht im Lande Politik-Inszenierungen erdacht und
dann auch umgesetzt werden, die erschrocken macht. Während landesweit
Sparprogramme gerade im sozialen Bereich gefahren werden, gibt das
Familienministerium 140 000 Euro für ein Kinderforum aus, bei dem ein
bezahlter minderjähriger Claqeur den Ministerpräsident befragt. Das
alleine wäre schon schlimm genug. Erschütternd ist vor allem die
Chuzpe, mit der dies geschieht.
Vierjährige Kinder von Ministeriums-Mitarbeitern werden vor die
Kamera geschoben und dafür entlohnt, Auftritte von Jürgen Rüttgers
oder seinen Ministern Barbara Sommer oder Armin Laschet minutiös
geplant. Warum? Will man etwa kritische Fragen vermeiden, oder ist
diese Regierung so unsicher, dass man sich nur nach einem Drehbuch
öffentlich bewegt?
Das sei alles völlig normal. Ein Grund zur Aufregung bestehe nicht,
sagt unter anderem die Staatskanzlei. Dort sitzen Leute, die noch vor
drei Jahren in der Opposition waren und gegen das aus Steuergeldern
bezahlte Staatstheater der machtverwöhnten rot-grünen Landesregierung
gekämpft haben. Ihre Kritik und ihre Hinweise wurden von den Medien
aufgegriffen, oft genug deckten aber die Zeitungen selbst diese
Missstände auf - wie das in einer Demokratie auch sein muss.
Heute aber gibt es einen erschreckenden Befund: Die Opposition von
damals hat alles vergessen. Auftritte von Rüttgers und sogar seiner
Ministerschar werden mittlerweile wie Krönungsmessen inszeniert -
landesweit, nahezu wöchentlich. Rüttgers selbst ist als Chef in die
konkreten Planungen natürlich nicht einbezogen. Er lässt sie aber
laufen und profitiert von ihnen. Das ist gewollt: Alles für Rüttgers.
Es ist wie bei Hofe.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung