RNZ: Rhein-Neckar-Zeitung, zu: Irak
Archivmeldung vom 20.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs war Obamas Vorgänger George W. Bush, der in seinem größenwahnsinnigen Vergeltungsbedürfnis nach den Terroranschlägen 2001 der Welt zwei Jahre später mit Lug und Trug den gerechten Krieg" gegen Irak andienen wollte. Denn die schon zuvor eingeleitete Strafaktion gegen die Taliban in Afghanistan befriedigte den Weltmacht-Präsidenten und dessen Administration nicht. Zwar wurde aus dem scheinbar kleinen Krieg am Hindukusch inzwischen der große.
Umso mehr beeilt sich Nachfolger Obama, sein populäres Wahlverprechen einzulösen und Amerika aus seinen militärischen Engagements zu lösen. Der symbolische, vorzeitige Abzug der letzten Kampftruppen aus Irak ist zwar noch nicht das Ende der Geschichte: 50 000 Amerikaner schützen weiter US-Einrichtungen. Aber es ist, historisch oder nicht, das Ende eines Krieges ohne Sieg, in dem Hunderttausende Iraker und 4400 US-Soldaten ihr Leben gelassen haben. Eines Krieges, der einen brutalen Despoten und dessen Clique entmachtete, aber eben auch ein Land mit seinen ethnischen und religiösen Gegensätze im Zustand des latenten Bürgerkrieges zurücklässt. Es ist das vorläufige Ende eines Krieges schließlich, der zum "Wahnsinnspreis" von 2000 Milliarden Dollar die Machtverhältnisse in Nahost nicht ordnete, sondern völlig destabilisierte. Bittere Ironie der Geschichte: Nicht Saddams inexistente Massenvernichtungswaffen bedrohten die Welt. Es ist heute der Iran, der zum großen Nutznießer des Irak-Krieges wurde und erst nach Saddams Ende seinen atomaren Ehrgeiz entfalten konnte. Selten hat eine in ihrem Denken und Handeln militarisierte Außenpolitik ihre Ziele so krass ins Gegenteil verkehrt. Und ein Fehler zieht den anderen nach sich: Ohne das Irak-Abenteuer, das Amerikas Ansehen nachhaltig beschädigte und seine krisengeplagte Wirtschaft weiter schwächte, wäre die Vision, Afghanistan vom Terror zu befreien vielleicht erfüllbar gewesen. Auch dieses Ziel kann nur noch abgewickelt werden. Und auch dabei wird es keinen stabilisierenden Sieg geben. Die Ära der militärischen und somit politischen Überlegenheit endet auch für die letzte "alte" Großmacht USA. Die Waffen der neuen globalen Riesen wie China sind Geld, der Zugang zu Ressourcen und eine - vorerst auf dem Rücken der Bürger - ausgetragene Wettbewerbs-Überlegenheit.
Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung