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WAZ: Großer Fußball vom Dorf

Archivmeldung vom 03.11.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.11.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

1899 ist nicht die Postleitzahl von Hoffenheim. 1899 steht auch nicht für die Einwohnerzahl dieses winzigen Ortsteils der badischen Großgemeinde Sinsheim. 1899 meint vielmehr das Gründungsjahr eines Sportvereins, der die Bundesliga meisterhaft aufmischt.

Mit großem Fußball vom Dorf. Mit offensivem Angriffsschwung. Mit begeisternden Leistungen, die ein Teil der neidischen Konkurrenz mit der Faszination des Geldes, mit den Millionenspritzen des Milliardärs Dietmar Hopp zu erklären versuchte. Doch was mittlerweile als "Wunder von Hoffenheim" die Schlagzeilen prägt, ist kein Märchen aus dem Scheckbuch, sondern die effiziente Nutzung und Umsetzung herausragender finanzieller Möglichkeiten.   Die "Macher", allen voran der kluge Fußballlehrer"Ralf Rangnick, dessen Fähigkeiten auf Schalke leider nicht in ausreichendem Maße erkannt und gewürdigt worden sind, haben Hopps "Kohle" nicht willkürlich verbrannt, sondern zielgerichtet investiert. Sie haben "hungrige Talente" an Stelle von nimmersatten Stars verpflichtet und dabei ein Höchstmaß an Kennerblick, an Fachverstand vermittelt. Denn Salihovic oder Ibisevic oder Ba, deren Namen noch vor Wochen von Millionen Fußballfans nicht einmal buchstabiert werden konnten, sind für internationale Top-Klubs längst zum Objekt der Begierde geworden. Selbst Bayern-Trainer Jürgen Klinsmann äußert sich voller Hochachtung über einen Sensations-Aufsteiger, der mit raketenartiger Rasanz zum Titel durchstarten könnte: "Das ist kein Außenseiter mehr." Doch Dietmar Hopp, der nicht einmal den kleinsten Hauch eines selbstgefälligen Geldsacks vermittelt und den Vergleich mit Roman Abramowitsch und Konsorten als Beleidigung interpretieren könnte, hält den Ball genauso flach wie Trainer Ralf Rangnick: Die Verhinderung des Abstiegs bleibt das erklärte Ziel. Sollte das Wunder dennoch seinem Höhepunkt zustreben, wird Orts-Vorsteher Hess eingreifen: "Wenn wir Meister werden, dann haben wir auch einen Balkon für die Feier - oder wir finden eine Lösung dafür." Zweifel überflüssig.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Hans-Josef Justen)

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