Mindener Tageblatt: Rückkehr zum Tagesgeschäft?
Archivmeldung vom 05.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAls "Tschernobyl der Ölindustrie" ist die Bohrloch-Katastrophe im Golf von Mexiko schon bezeichnet worden. Zwar ist die Analogie schief, kostete das Atom-Desaster von 1986 doch bereits unmittelbar zahlreiche Menschenleben, verseuchte riesige besiedelte Flächen und hat noch heute und wohl bis auf unabsehbare Zeit tödliche Folgen für Mensch und Natur.
Richtig an dem Vergleich ist jedoch, dass die Explosion der Bohrinsel "Deepwater Horizon" zum einen das bislang größte und folgenschwerste Unglück in der an verheerenden Unfällen nicht armen Geschichte der Erdölförderung markiert. Zum anderen führte es der energiehungrigen Menschheit die Großrisiken auch dieser Form von Lebensstandard-Sicherung drastischer vor Augen denn jemals zuvor. Unvorstellbare 780 Millionen Liter Rohöl sind seit dem 20. April ins Meerwasser an der Unfallstelle geflossen. Für Katastrophenbekämpfung, Entschädigungen und Strafen wird der dadurch möglicherweise ins Wanken geratende Energieriese BP zig Dollarmilliarden aufwenden müssen - was dennoch nur ein Teil des direkten ökonomischen, in Geld bezifferbaren Schadens sein dürfte. Kaum ernsthaft ermessbar dürften die angerichteten ökologischen Zerstörungen sein. Seriöser Berechnung entziehen sich wohl auch die indirekten wirtschaftlichen Folgen. Dennoch muss man befürchten, dass mit dem Schließen des Lecks diese Katastrophe so schnell wie vorangegangene von der Agenda der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwinden wird. Ölförderer wie Energieverbraucher werden schnell zum für die einen lukrativen, für die anderen komfortablen Tagesgeschäft zurückkehren. Dabei passieren permanent - aktuell wieder in China - Unfälle bei der Ölförderung, wenn auch häufig nur in kleinerem Maßstab und weiter abseits der allgemeinen Wahrnehmung. Doch das stört so lange niemanden, wie nicht dramatische Bilder von Titelseiten mahnen - oder der Benzinpreis steigt.
Quelle: Mindener Tageblatt