WAZ: Laumann legt Rentenmodell vor: Bestechend, aber heikel
Archivmeldung vom 17.04.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittNRW-Sozialminister Laumann spricht ein Problem an, das sich tatsächlich am Horizont aufbaut: Die Rentenbeschlüsse, so richtig sie sind, drücken die Durchschnittsrente so deutlich, dass sie in rund zwanzig Jahren unter den derzeitigen Sozialhilfe-Satz sinkt.
Hinzu kommt, dass die Zahl der Menschen zunimmt, deren
Erwerbsleben von Arbeitslosigkeit unterbrochen ist mit entsprechend
lückenhafter Beitragszahlung. Ferner steigt die Zahl der niedrig
bezahlten Jobs und also geringer Rentenbeiträge.
Entweder sagt die Politik den Bürgern nun, dass sie mehr
vorsorgen müssen (was Sozialpolitiker aller Parteien unbedingt
vermeiden wollen), oder sie bietet eine politische Lösung an, für die
dann freilich jemand gefunden werden muss, der sie bezahlt. Und
selbst wenn man den Bürgern mehr Eigenvorsorge zumuten will, bleibt
für Geringverdiener die brennende Frage, wo sie es denn hernehmen
sollen, wenn der Lohn gerade mal so zum Leben reicht.
So ganz sicher ist sich Laumann aber noch nicht, ob das Modell
der katholischen Verbände tatsächlich das Gelbe vom Ei ist. Denn die
Aufsplitterung der bisherigen Rente in ein Drei-Säulen-Modell ist ein
heikler Vorschlag, auch wenn er fürs erste bestechend klingt, da er
tatsächlich bisherige Minirenten über das Sozialhilfe-Niveau hebt.
Aber zu welchem Preis?
Zahlen müssten die, die bisher schon die Hauptlast des Staates
tragen, nämlich die Besserverdienenden. Sie zahlen über ihren
überproportional hohen Anteil am Steueraufkommen schon weitgehend den
Bundeszuschuss zur Rentenkasse in Höhe von 80 Milliarden Euro. Nun
könnte man sagen, die haben es ja dicke. Allerdings werden sie
womöglich auch noch im Zuge der Gesundheitsreform zur Kasse gebeten.
Dann hätte man drei Einkommensteuern: eine allgemeine, eine für
Gesundheit und eine für Rente - und vielleicht noch eine vierte für
die Pflege. Es wäre nicht gerade ein Programm zur größeren
Transparenz der Kosten des Sozialstaates und zu seiner Begrenzung.
Grundsätzlich darf nicht aus den Augen verloren gehen, dass jeder zunächst für seine Altersvorsorge selber frühzeitig etwas auf die hohe Kante legen muss. Jedes weitere staatliche Angebot über die bisherige Rente hinaus mindert die Bereitschaft der Bürger, über den Verzicht auf Konsum fürs Alter vorzusorgen. Nur wer dann wirklich nicht genug zum Leben hat, für den muss die Allgemeinheit eintreten. Dann aber am besten direkt über die allgemeinen Steuern, so dass die Gesamtbelastung des Sozialstaates für alle deutlich und er kontrollierbarer ist.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung