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Leipziger Volkszeitung zur Lage in Deutschland

Archivmeldung vom 31.12.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Eigentlich geht es uns Deutschen doch gar nicht so schlecht zu Beginn des Jahres 2008. Die Stimmung sei mieser als die Lage, meint auch die Kanzlerin der großen Theater-Koalition, Angela Merkel.

Dabei solle man, bitteschön, berücksichtigen, dass die Arbeitslosigkeit sinkt und auch der Aufschwung noch eine Weile anhalten wird. Man kann noch hinzufügen: Es gibt so viele Arbeitsplätze wie noch nie in Deutschland, die Konsumenten können sich trotz aller Sparzwänge noch eine ganze Menge leisten. Wir sind international weiter wer, weil wir trotz chinesischen Aufbautrainings noch einmal Exportweltmeister geworden sind. Wir können uns auf dem Globus blicken lassen, weil wir als solide demokratische Mittelmacht vertrauenswürdig sind, und darüber hinaus auch noch Weltmeister im Handball und im Frauenfußball. Unser von Steuern und Abgaben gequälter Mittelstand ist zwar schwer unter Beschuss staatsverliebter Politiker ohne Leidenschaft für Eigenverantwortung, aber immer noch prozentual größer als in den meisten anderen Ländern. Klingt hervorragend beruhigend, ist es aber nur sehr bedingt. Denn wer heute Entwicklungschancen nicht nutzt, der wird morgen nur noch eine Geige in der hinteren Reihe spielen. Wer ausschließlich über gesellschaftliche Gerechtigkeit philosophiert ohne das Schaffen neuer Arbeitsplätze zu erleichtern, wird am Ende kein Geld mehr für wirklich notwendige Umverteilung und soziale Grundsicherung haben - oder auf spürbar niedrigerem Niveau. 2007 war ein verlorenes Jahr mit politischem Stillstand, geprägt vom Zank einer sich gegenseitig blockierenden Koalition unmöglicher Partner, die ein Schlachtfeld vertaner Chancen hinterlassen. Die Regierungspopulisten liefern sich Wettläufe um Publikumsnähe und umfragengestützte Beliebigkeit. Die Gewählten entmündigen sich selbst als Gestalter und Macher und werden zu mutlos Getriebenen. Die Debatten um Mindestlöhne und Managergehälter sind Beweis dafür. In der Umweltpolitik zählt internationale Konferenz-Kraftmeierei mehr als deutsche Arbeitsplätze. Mangels echter Optimierungsbereitschaft blühen uns auch 2008 Scheindebatten um Scheingerechtigkeit, wo doch das Motto eigentlich heißen müsste: Mit weniger Bürokratie, mehr Flexibilität und mehr Eigenverantwortung der Bürger mehr gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen. In einem überregulierten Land, in dem der Müll in Haushalten erzieherisch zwangsgetrennt und danach oft auf Plätzen wieder zusammengeschüttet wird, in dem man einen teuren und zeitaufwändigen Motorsägen-Schein machen muss, um Brennholz aus dem Wald zu holen und in dem Ärmere abgehalten werden, mit ihren Autos in bestimmte Innenstädte zu fahren, weil ihnen ein runder, grüner Aufkleber fehlt, in dem wird es immer schwerer, das Ruder noch herumzureißen. Deutschland bleibt weiter hinter seinen Möglichkeiten zurück. Von der Koalition ist 2008 keine Besserung zu erwarten. Halbwegs sicher ist nur, dass sie auch dieses Jahr im Streit vereint überleben wird. Sogar in den Regierungsparteien wird das so mancher für eine vertane Chance halten.

Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Bernd Hilder)

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