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Börsen-Zeitung: Der Sozialismus soll siegen

Archivmeldung vom 15.07.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.07.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Da heißt es stets, der Sozialismus sei tot - und nun machen sich ausgerechnet die USA zumindest im Hypothekenmarkt daran, den Kapitalismus endgültig zu überwinden. Das von Notenbank und Politik für Fannie Mae und Freddie Mac geschnürte Rettungspaket lässt kaum einen anderen Schluss zu.

Zwar kündigt Finanzminister Henry Paulson an, den Steuerzahler zu schützen. Das wird ihm aber nur glauben, wer schon vergessen hat, dass Paulson noch am vergangenen Donnerstag unter Verweis auf die Aufsicht erklärte, Fannie und Freddie hätten genug Kapital. In gewisser Hinsicht ist der Schritt nur konsequent, haben die Förderinstitute den Markt für Eigenheimdarlehen in den vergangenen Monaten doch schon so gut wie übernommen. Vor zwei Jahren hielten und garantierten sie weniger als 40% der US-Hypotheken; im ersten Quartal dagegen nahmen sie mehr als zwei Drittel aller neuen Darlehen aufs Buch.

In der Not handeln Regierung und Notenbank wie Aktienhändler nach einer Fehlspekulation: nach dem Motto "If in trouble, double". Dadurch verstetigen sie die falschen Anreize, die Fannie und Freddie in die Misere geführt haben. Vom Sozialismus lernen heißt eben nicht, siegen zu lernen. Nachdem die Verantwortlichen die Institute aber allzu lange unkontrolliert und subventioniert wachsen ließen, haben sie keine Alternative mehr. Die Durchblutungsstörungen des US-Finanzsystems sind atemberaubend schnell fortgeschritten. Im Frühjahr 2007 gingen nur windige Hypotheken-Drückerbuden mangels Kapital zugrunde. Mit Fannie und Freddie sind nun lebenswichtige Organe bedroht. Rettet die Regierung sie nicht, verstärkt sie nur die drohende Pleitewelle unter den US-Banken, in deren Bilanzen Papiere bzw. Garantien beider Institute für weit über 1 Bill. Dollar liegen.

Auf das US-Gemeinwesen kommen daher so oder so horrende Kosten zu, und die Notenbank könnte statt Schuldverschreibungen Fannies und Freddies auch gleich deren Mobiliar als Sicherheit akzeptieren. US-Präsident George Bush wird seinem Nachfolger nicht nur ein Land in der Konjunkturflaute mit gähnenden Löchern in Haushalt und Leistungsbilanz hinterlassen, sondern auch die Aussicht auf sprunghaft kletternde Staatsschulden. Der Öffentlichkeit solche Wahrheiten schonend beizubringen zählt zu den Dingen, die die Politik noch am ehesten beeinflussen kann.

Quelle: Börsen-Zeitung (von Bernd Neubacher)

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