Boersen-Zeitung: Zündender Einfall
Archivmeldung vom 25.04.2006
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.04.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEntgegen anders lautender übler Propaganda steht in Deutschland selbst bei einer erstrangigen Dax-Adresse das Tor für angelsächsische Finanzinvestoren weit offen. Lichtjahre zurück liegen die unseligen Zeiten, in denen Gesellschaften wie Blackstone von hochrangigen Politikern mit dem zweifelhaften Kompliment "Heuschrecke" brüskiert wurden. Was damals als feindliche Invasion galt, mutiert aktuell zum zündenden Einfall.
Denn der Einstieg von Blackstone zündete bei der T-Aktie ein
Kursfeuerwerk von über 4% - solche Sprünge hat das Papier schon lange
nicht mehr gemacht. Aber der allseitige Jubel - an der Börse, beim
Bundesfinanzminister und auch bei der Telekom selbst - gründet sich
nicht auf den Höhenrausch eines Tages. Vielmehr erhoffen sich die
Beteiligten eine Initialzündung für die seit langem als unterbewertet
geltende T-Aktie, die das Papier mittelfristig auf ein deutlich
höheres Niveau katapultieren soll.
Der Bundesfinanzminister nimmt gerne ein wenig Häme über Geschäfte
mit den missliebigen Heuschrecken in Kauf, wenn er die Aussicht hat,
die restlichen Staatsanteile an der Telekom nicht mehr für
kümmerliche 14 oder 15 Euro, sondern zu einem deutlich lukrativeren
Preis abzugeben. Aufgrund dieses gemeinsamen Interesses, nämlich
"Kurssteigerung", hegt umgekehrt auch Blackstone die Hoffnung, trotz
relativ geringer Beteiligung von 4,5% tatsächlich etwas bewegen zu
können, was den Wert des Investments so steigert, dass in drei bis
fünf Jahren eine attraktive Rendite herauskommt. Das
Telekom-Management schließlich hat durchaus nichts dagegen, im
Aufsichtsrat eine weitere Stimme zu gewinnen, die einen strengen
Sparkurs im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit unterstützt.
Dieser "Triple Win"-Cocktail käme, wenn er anschlägt, auch dem von
der Performance der T-Aktie arg enttäuschten Streubesitz zugute.
Einmal mehr zeigt sich die Ambivalenz von Private Equity, für die
Blackstone ein lupenreines Beispiel ist: oft genug hat die
Gesellschaft ihrem Heuschrecken-Image Ehre gemacht, einst bei der
Übernahme von Celanese und jüngst bei dem milliardenschweren
Leveraged Buy-out von TDC. Allerdings sind es die Heuschrecken, die
hierzulande mit Investitionen in die Bresche springen, wenn sich kein
anderer Investor findet. Gerade die Telekom hat dies beim Verkauf
ihrer Kabelgesellschaften schon erfahren.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung