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Westdeutsche Zeitung: Ein letzter Blick zurück

Archivmeldung vom 31.12.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 31.12.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

An negativen Schlagzeilen hat es dem ersten Jahrzehnt des jungen Jahrhunderts wahrlich nicht gemangelt. Die einschneidendsten waren die Terroranschläge vom 11. September 2001, die unsere Illusion von einer friedlicheren Welt nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation jäh zerstört haben, und die Finanzmarktkrisen am Anfang und am Ende der Nuller Jahre.

Während die sogenannte Dotcom-Krise "nur" unfassbare Summen an Anlagewerten vernichtete, hat der zweite Crash weltweit auch die Realwirtschaft mit in den Abgrund gezogen. All diese Ereignisse haben unsere Einsicht befördert, dass uns die Globalisierung nicht nur billige Produkte und eine für die westlichen Industriestaaten schmerzhafte Umverteilung der Arbeit beschert hat. Sie braucht offenbar auch eine neue globale Ordnung, mit der sich in Zukunft Megakrisen nicht nur managen lassen. Wir müssen die Risiken verringern, um existenzielle Krisen abwenden zu können. Erreicht ist freilich noch so gut wie nichts. Die Erwartungen an eine neue Weltordnung, die jeder multinationale Gipfel weckte, wurden jäh enttäuscht. So gut es Amerika, Europa und den systemrelevanten Schwellenländern gelungen ist, eine Wiederholung der katastrophalen Folgen zu verhindern, die die erste Weltwirtschaftskrise in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts ausgelöst hatte, so wenig ist bei der Regulierung der Finanzmärkte erreicht. Im Gegenteil: Es deutet vieles darauf hin, dass das System Gier, gepaart mit der Beschleunigung einer entgrenzten Kommunikation, in immer kürzeren Intervallen zum Crash führen könnte. Die Ursache liegt nicht nur in nationalen Egoismen, die eine Einigung auf eine neue Finanzordnung oder ein wirksames Klimaprotokoll vereitelt haben. Das Vakuum, das der Machtverlust der Vereinigten Staaten ausgelöst hat, mag sich einfach nicht schnell genug füllen. Chinas Unreife ist dabei das größte Problem. Ohne die neue Wirtschaftsmacht geht in dieser Welt nichts mehr. Doch das Riesenreich ist in seiner inneren Zerrissenheit zwischen Reisbauern und Milliardären sowie zwischen Han-Chinesen und kulturell unterdrückten Minderheiten weder willens noch in der Lage, seiner internationalen Verantwortung gerecht zu werden. Keine guten Aussichten für das nächste Jahrzehnt.

Quelle: Westdeutsche Zeitung

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