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Börsen-Zeitung: Die Aufsicht als Anwalt

Archivmeldung vom 10.05.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.05.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

In jüngerer Zeit fungiert die deutsche Finanzaufsicht zunehmend auch als Anwalt der Verbraucher. Dieser Rolle wird die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit dem Verbot des Vertriebs von Differenzkontrakten (CFD) mit Nachschusspflicht an Privatkunden erneut gerecht und verdient dafür vorbehaltloses Lob. Solche (Ab)zockereien erlauben nicht mal Spielbanken. Im regulären Geschäftsleben haben sie erst recht nichts verloren.

Besonnene und weitblickende Aufsicht zeichnet sich aber umso mehr dadurch aus, dass sie bei gegebenem Anlass auch mal als Anwalt der von ihr Beaufsichtigten agiert. Das liegt im wohlverstandenen Interesse aller Beteiligten und Betroffenen sowie des "großen Ganzen", in diesem Fall der Finanzstabilität.

BaFin-Präsident Felix Hufeld, der in seinem früheren Leben ja auch mal Banker war, ist als oberster Aufseher nie durch Borniertheit gegenüber den Sorgen und Nöten seiner Kundschaft aufgefallen, sondern hatte stets mindestens ein offenes Ohr für sie. Am Dienstag hat er sich nun viel klarer als zuvor den Anwaltshut aufgesetzt: "Wir haben ein Maß an Regulierung erreicht, das kleinere Banken über Gebühr und (...) unnötig belastet."

Den Satz könnte jeder Sparkassen- und Volksbankchef oder Verbandspräsident im Schlaf aufsagen. Über die Erkenntnis als solche muss man denn auch nicht mehr reden, wohl aber über den Weg zur Entlastung und das Tempo. Hufelds Ansatz, anders als die EU-Kommission nicht auf einen starren Schwellenwert wie eine Bilanzsumme von 1,5 Mrd. Euro abzuheben (und sich damit bei jeder kleinen Unter- oder Überschreitung eine neue Diskussion einzuhandeln), sondern etwa auf eine abgestufte Systemrelevanz, überzeugt nicht zuletzt wegen der damit verbundenen Flexibilität.

Doch sollten sich alle Verantwortlichen sputen. Längst werden im deutschen Kreditgewerbe als Folge der EZB-Zinspolitik und der alle über einen Kamm scherenden Regulierung Fakten geschaffen und Strukturen verändert, es wird auch ein Stück deutscher Kultur zerstört. Dass der Großteil Europas nicht darauf wartet, Sonderwünsche Deutschlands mit seinem exotischen Kreditgewerbe erfüllen zu sollen, ist sicher richtig.

So richtig wie die Tatsache, dass die Deutschen nicht darauf warten, regelmäßig die Zeche für Schuldenorgien europäischer Partner zahlen zu sollen: mit Null- und Negativzinsen für Sparer, den nach der Frankreich-Wahl neu diskutierten Euro-Bonds oder wie auch immer. "Europa" heißt auch Geben und Nehmen. Das sollte die Bundesregierung in Sachen Bankenregulierung in Brüssel hinreichend deutlich hinterlegen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Bernd Wittkowski

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