Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Simbabwe
Archivmeldung vom 24.06.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSo verhasst und altkolonial ein gewisser Ian Smith (1919 - 2007) in den 70er Jahren war, so despotisch und die Knute schwingend stellt sich heute dessen Nachfolger dar: Robert Mugabe (84), Befreier des damaligen Rhodesiens und Schlächter des heutigen Simbabwe.
Am 29. März 2008 hat Mugabe eine Wahl verloren. Trotz Fälschungen kam er nur auf 43 Prozent der zugelassenen Stimmen und die Oppositionspartei erreichte Mehrheiten in beiden Kammern. Nur Herausforderer Morgan Tsvangirai verpasste das Präsidentenamt knapp mit 48 Prozent. Seitdem sind Unterstützer von Tsvangirais Bewegung für demokratischen Wandel vogelfrei. Knapp 100 Wahlhelfer wurden umgebracht, bloße Sympathie für Mugabes Gegner ist lebensgefährlich. Weil Militärs und Prügelpolizisten schon mal in Wahlurnen nachschauen, wie abgestimmt wurde, drohte die Stichwahl am kommenden Freitag zum Himmelfahrtskommando für freie Wähler zu werden. Deshalb ist es richtig, dass Tsvangirai kurz vor dem Ziel den Urnengang boykottiert, selbst wenn Mugabe damit als rechtmäßig gewählt gilt. Tsvangirai hat lange genug Leben und Gesundheit seiner Anhänger riskiert. Offenbar hat er auf ein Eingreifen des südafrikanischen Staatenbundes und der Afrikanischen Union gehofft - vergebens. Auch der Aufruf prominenter Afrikaner von den ehemaligen UN-Generalsekretären Bhoutros Ghali und Kofi Annan bis zu Bischof Desmond Tutu zu fairen Wahlen wurde schamlos ignoriert. Die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines Nachbarlandes selbst bei schwersten Menschrechtsverstößen ist in Afrika immer noch verpönt. Im Fall Simbabwe verschließt Südafrikas Präsident Thabo Mbeki beide Augen und kommt damit durch. Gerade deshalb ist die internationale Gemeinschaft aufgefordert, entschlossen politischer Gewalt und Einschüchterung entgegenzutreten. Der UN-Sicherheitsrat wird heute Nacht tatsächlich verhandeln, allerdings sind Bremsmanöver in Reihen der Südafrikaner offenbar fest verabredet. Der Kolonialismus ist in Afrika Geschichte, aber die neue Generation schwarzer Herrscher hat es nicht geschafft, über Stammestraditionen und Unarten alternder Häuptlinge hinauszuwachsen. Die Jagd auf missliebige Wähler in Kenia ist nicht vergessen, Namibias Ignoranz gegenüber weißen Farmern dramatisch und der offene Rassismus gegen andere Schwarze in den Townships am Kap ein weiteres Beispiel für demokratische Defizite auf dem vom weißen Mann gründlich befreiten Kontinent. 2010 will Südafrika Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft sein. Das bietet Ansätze, um die regionale Mittelmacht stärker in ihre Verantwortung zu nehmen. Die Erben Nelson Mandelas haben mehr als alle anderen das Schicksal Simbabwes in der Hand. Sie können das geschundene Nachbarland - trotz Mugabe - auf einen demokratischen Weg drängen, wenn sie nur wollen.
Quelle: Westfalen-Blatt