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Leipziger Volkszeitung zur Großen Koalition

Archivmeldung vom 13.06.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.06.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Politik der kleinen Schritte neigt sich dem Ende zu. Angela Merkel, die Queen von Scheinheiligendamm - Inszenierung prima, Substanz porös - wird ihrer Berliner Koalition ein neues Marschtempo verordnen müssen. Dieser Streit, kleinteilig, borniert, lästig, wie ihn die Störenfriede von SPD und Union Woche für Woche neu pflegen, gerät zum Abschreckungsprogramm.

Längst ist alles von allen zum Mindestlohn gesagt worden, nur zwei entscheidende Dinge nicht. Die Union verweigert das Bekenntnis, ab welcher Untergrenze ein Stundenlohn in Deutschland für sie nicht mehr erträglich ist. Die SPD läuft vor der Erkenntnis weg, dass nicht sie die Union vor sich hertreibt, sondern Links-Teufelchen Lafontaine hinter Münte und Co. her ist.
Das Gerede über letzte Kompromisslinien, über Krisenrunden und die finale Beratung zielt nur selten auf die sachorientierte Lösung. Entscheidend scheint, wer wem den finalen Blattschuss aufsetzt, weil er selbst meint, er könnte nur so profitieren. Es ist ein unwürdiges Politikspektakel. Zur Hälfte dieser Legislaturperiode und eine halbe Woche nach den Kuscheltagen von Heiligendamm ist eines klar: Diese Koalition hat ein massives Führungsproblem. Über den SPD-Führer Beck lachen viele. Er scheint es nicht zu schaffen, vom unbeholfenen Provinz-Patriarchen zum vertrauenswürdigen Großstrategen zu wachsen. Über Merkel muss man sich wundern:Gestern spielte sie der Gipfelwelt noch vor, sie könne alle Krisen dieser Erde lösen und heute versteckt sie sich schon wieder in ihrem Bündnis großkoalitionärer Mittelmäßigkeit. Jetzt gibt es nur mehr zwei Möglichkeiten. Entweder folgt der vollendete Stillstand bis 2009 oder der Nachweis wahrer Führungskraft. Machte das Bündnis aus CDU (besoffen vor lauter Merkel-Tamtam), CSU (bedroht von Stoibers Enttrümmerungstruppe) und SPD (belastet mit einem Beck, der fast wie Scharping irrlichtert) weiter wie bisher, dann könnten sich die Extreme in den Parteien von Guido und Oskar die Hände reiben.
Die FDP als Was-ihr-wollt-Marktradikale auf der einen Seite und die neu titulierte PDS-Linke als Alles-was-ihr-wollt-Sozialisten wären die Profiteure. Beide Kleinen sitzen wie Wirtstiere auf den zwei Volksparteien.
Merkel muss ihre Amtszeit erfüllen und führen, statt moderieren. Beck sollte die Provinz in Richtung Berlin verlassen. Andernfalls bleibt nur das Eingeständnis, dass hier zwei zusammen regieren sollen, die nicht mehr können und auch nicht mehr wollen. Zur Richtlinienkompetenz könnte auch gehören, dass die Kanzlerin die SPD-Minister entlässt, anschließend im Bundestag feststellt, dass die Union keine Mehrheit hat, um im dritten Schritt den Bürgern Gelegenheit zu geben, Merkels tatsächlichen Rückhalt beim Wahlvolk auszutesten. Oder sollte ihr dazu der Mut fehlen? Das würde belegen, dass die Kanzlerin auch nur die Scheinheiligkeit in Person wäre.

Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung

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