Neues Deutschland: zur Bundestagsentscheidung über den Bundeswehreinsatz in Afghanistan
Archivmeldung vom 17.10.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt»Es gibt Situationen im Leben, da ist Souveränität alles. Gerade in Situationen, in denen es eng wird. Gerade dann, wenn alles auf dem Spiel steht.« Nein, der Satz stammt nicht aus der gestrigen Bundestagsdebatte über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes.
Er gehört zur Werbekampagne eines globalen Modekonzerns. Dazu sieht man männliche Models am Pokertisch, hinter denen weibliche Schönheiten stehen. Was das mit Krieg zu tun hat? Gar nichts - und viel zu viel. Die Anzeige war jüngst auch in einer großen deutschen Illustrierten, die auf der gegenüberliegenden Seite sehr realistisch über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan berichtete. Der - glauben wir der Regierung - alles andere als ein Krieg ist, sondern bestenfalls eine »Stabilisierungsmaßnahme« und ein »Einsatz für den Frieden«. Man stelle sich einen von tausenden 17-Jährigen vor der Musterungskommission vor. Frieden - gibt es ein moralisch höheres Gut? Und wenn der Einsatz für Frieden nebst Sold mit 92,03 Euro pro Tag steuerfrei vergütet wird, hat er nach den Monaten in Afghanistan eine Eintrittskarte für den Klub »da oben«. Oder die Anzahlung für den Golf. Oder die Hochzeit, falls der Partner wartet. Soldaten, die aus dem Krieg heimkehren, warnen vor solchen Illusionen. Statt an Türen des Wohlstands anklopfen zu können, suchen sie die Gesellschaft eines Pfarrers oder eines Psychologen.
Quelle: Neues Deutschland