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Kein Befreiungsschlag

Archivmeldung vom 13.05.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.05.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Der Verkauf der lukrativen Aufzugssparte sollte für Thyssenkrupp zum Befreiungsschlag werden. Doch daraus wird absehbar nichts. Dazwischen kommt die Covid-19-Pandemie, die den ohnehin angeschlagenen Ruhrgebietskonzern schwer in Mitleidenschaft zieht. Abzulesen ist das am Zahlenwerk für das zweite Quartal, das für die fortzuführenden Geschäfte so gar keinen Lichtblick liefert.

Im Gegenteil: Nach dem Verkauf von Elevator ist Thyssenkrupp noch stärker von der Automobilindustrie abhängig, die schon vor Ausbruch der Viruskrise schwächelte. Das Stahlgeschäft, welches das neue Kerngeschäft bildet, leidet nicht nur an vorübergehenden Produktionsstillständen in den Abnehmerindustrien. Vielmehr gibt es hier seit Jahr und Tag globale Überkapazitäten, die sich aufgrund der wegbrechenden Nachfrage noch ausweiten dürften.

Letztlich schrieb Thyssenkrupp schon auf Ebene des um Sonderlasten bereinigten operativen Ergebnisses im Berichtsquartal tief rote Zahlen. Im dritten Quartal wird im schlimmsten Fall mit einem operativen Verlust von bis zu 1 Mrd. Euro kalkuliert. On Top kommen millionenschwere Restrukturierungsaufwendungen.

Noch schlimmer allerdings wiegt, dass sich die Finanzkennzahlen weiter verschlechtern. Ein Rezept, um den ungebremsten Mittelabfluss zu stoppen, ist bislang nicht gefunden. Im ersten Halbjahr verbrannte Thyssenkrupp 2,7 Mrd. Euro. Die Nettoverschuldung belief sich per Ende März auf 7,5 Mrd. Euro. Hinzu kommen Pensionsverbindlichkeiten in vergleichbarer Größenordnung. Das Gearing beläuft sich mittlerweile auf über 640 Prozent, das Eigenkapital ist bei einer Bilanzsumme von gut 36 Mrd. Euro auf 1,2 Mrd. Euro zusammengeschrumpelt.

Kreditwürdig - vor wenigen Tagen sicherte sich das Unternehmen eine Mrd. Euro schwere Kreditlinie aus dem Notprogramm der KfW - ist Thyssenkrupp nur noch, weil der Verkauf der Aufzugssparte demnächst 17,2 Mrd. Euro in die Konzernkasse spült. Die hehren Pläne, den Verkaufserlös nur soweit zwingend erforderlich zur Bilanzreparatur zu verwenden, werden zunehmend Makulatur.

Mit dem Verkauf der Aufzugssparte ist das Tafelsilber weg. Nächste Woche soll der Zukunftsplan für die verbliebenen Geschäfte vorgestellt werden. Die Verkaufsliste, auf der bisher neben dem Großanlagenbau auch die Sparte für Grobbleche steht, dürfte länger werden. Allein die Suche nach Käufern oder Partnern dürfte in Coronazeiten ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen sein.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots) von Annette Becker

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