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Der Coup der Opec

Archivmeldung vom 06.03.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 06.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić

Mit dem Ergebnis des jüngsten Ministertreffens ist dem Produzentenkartell "Opec plus" ein Überraschungscoup gelungen. Die Mehrzahl der professionellen Ölmarktbeobachter ist davon ausgegangen, dass die Staatengruppe die Produktion um 1,5 Mill. Barrel pro Tag (bpd) anhebt. Dazu ist es jedoch nicht gekommen. Zumindest für den Monat April wird die Produktion auf dem gegenwärtigen Niveau gehalten, wobei Saudi-Arabien sogar seine zusätzlichen freiwilligen Kürzungen um 1 Mill. bpd beibehält.

Der Ölmarkt hat darauf sehr deutlich reagiert. Die Notierung der weltweit wichtigsten Rohölsorte Brent Crude bewegt sich nun zügig auf die Marke von 70 Dollar je Barrel zu. In der Spitze wurden am Freitag 69,35 Dollar erreicht. Dies ist der höchste Stand seit 14 Monaten. Insofern lässt sich von einer geschickten Steuerung des Ölmarktes durch die beiden Schwergewichte der "Opec plus", Russland und Saudi-Arabien, unter Ausnutzung der fundamentalen Gegebenheiten sprechen.

Eine große Rolle spielt dabei, dass sich die Ölnachfrage zu einem relativ großen Teil erholt hat, auch wenn die Coronakrise noch lange nicht vorüber ist. War auf dem Höhepunkt der ersten Pandemiewelle bezogen auf den Durchschnittsverbrauch von 2019 eine Nachfrage von 22 Mill. bpd ausgefallen, so fehlen aktuell noch 4 bis 5 Mill. bpd. Bis zum Herbst soll die Verbrauchsminderung gerade noch 1 Mill. bpd betragen.

Was das Angebot betrifft, zeichnet sich die Opec derzeit durch eine Disziplin bei der Einhaltung der Förderquoten aus, die es in den Jahrzehnten seit ihrer Gründung eigentlich fast nie gegeben hat. Hinzu kommt, und das ist die eigentliche Überraschung, dass auf den kräftigen Preisanstieg hin nur eine unterdurchschnittliche Erholung der amerikanischen Schieferölförderung eingetreten ist. Offensichtlich hat sich das Verhalten der Schieferölproduzenten verändert: Es geht nicht mehr um Anhebung der Förderung um fast jeden Preis, sondern um eine nachhaltigere Positionierung und die Erzeugung von Shareholder Value. Auch scheinen sich die Förder- und Exportmengen des Iran kaum zu erholen, da die USA ihre Sanktionen nicht lockern.

Vor diesem Hintergrund haben sich die zusätzlichen Fördereinschränkungen der Saudis ausgezahlt, wie die Analysten von Goldman Sachs vorrechnen: Seit dem 5. Januar ist der Ölpreis um 25 % gestiegen, während die saudi-arabische Ölproduktion nur um 9 % gesunken ist. In der gleichen Zeitspanne sind die weltweiten, gegenüber der Zielgröße der Opec überschüssigen Lagerbestände an Rohöl um 56 % gesunken. Die Analysten von Goldman Sachs sind daher für den Ölpreis weiterhin sehr zuversichtlich gestimmt, sie haben ihre Prognose für den Brent-Ölpreis um jeweils 5 Dollar je Barrel auf 75 Dollar für das zweite Quartal und 80 Dollar für das dritte Quartal angehoben. Dabei verweisen sie auch auf die hohe Backwardation, also den Zustand, bei dem bei den Ölkontrakten die kurzen Laufzeiten deutlich höher notieren - ein Zeichen von Knappheit.

Allerdings gibt es für die weitere Entwicklung des Ölpreises zwei wesentliche Unsicherheitsfaktoren. Zum einen, so merkt Eugen Weinberg von der Commerzbank an, könnte es sich erweisen, dass die "Opec plus" den Bogen überspannt und der starke Anstieg des Ölpreises auf die nach wie vor anfällige konjunkturelle Erholung durchschlägt.

Zum anderen gibt es derzeit nicht nur an den Märkten für Industriemetalle, sondern auch bei Rohöl spekulative Übertreibungen. So betonen die Analysten von J.P. Morgan, der Ölpreis sei den fundamentalen Gegebenheiten um zwei Quartale bzw. um 4 Dollar je Barrel vorausgeeilt. Insofern ist nicht auszuschließen, dass es auch am Ölmarkt zu Turbulenzen kommt, wie sie derzeit an den Metallmärkten zu beobachten sind.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Dieter Kuckelkorn


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