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Neues Deutschland: zur Debatte um Literaturnobelpreisträger Pinter

Archivmeldung vom 15.10.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.10.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Hohl. Trostlos. Sektiererisch. Anachronistisch. Langweilig. Leer. Eingebildet. Blass. Dumm. Haltlos. Das sind einige deutsche Presse-Stimmen zum Nobelpreisträger Harold Pinter. Stimmen zum Werk, zur Person. Mit deutlicher Tendenz, die Person klarer als das Werk zu umreißen. Man schlägt die Stücke und meint diesen Sack.

Weil er Den Haags Gerichtshof das Recht abspricht, Milosevic zu beurteilen? Weil er Washington eine »bösartige Weltmaschine« nannte? Und Blair einen »Arschlecker«? Zu Zeiten übrigens, da deutsche Großzeitungen noch heftig mitleckten. Natürlich kann man die Entscheidung umstritten nennen. Sie ist es. Aber was einigen arg Entsetzten nun gleich das Ende der Nobelpreiskultur bedeutet, zeigt doch nur etwas anderes an: dass der jetzige Moment unseres Welt-Erlebens ein Augenblick der Aufgewühltheit und des katastrophalen Empfindens ist. Der selbst die Ehrwürdigsten in Unruhe versetzt. Dem Komitee stand der Sinn eher nach Grobianismus als nach Lyrik. Das kann im nächsten Jahr anders sein; Balance ist ein Weltgesetz. Jetzt aber gibt es Sehnsucht nach der Höchstehrung für das Deutliche, Unangepasste. Es wird eh immer zu spät gepriesen. Also gab Stockholm die Ehre jemandem, der alles andere ist als nobel; einem, der gern die Preise verdirbt. Sehr nobel.

Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland

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