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WAZ: Siemens und BenQ - ein Desaster: Der Skandal nach dem Skandal

Archivmeldung vom 03.01.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 03.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ein Kapitel deutscher Industriegeschichte geht zu Ende. Die ehemalige Mobilfunksparte von Siemens, also der letzte deutsche Hersteller von Handys, stellt die Produktion ein. Mit dem Aus für die einstige Vorzeigefirma, die irgendwann zum Verlustbringer wurde und zuletzt den exotischen Namen BenQ Mobile trug, wird vermutlich das Schlusskapitel in einer Geschichte des grandiosen Scheiterns geschrieben.

Ausgerechnet der verwundete Siemens-Konzern zieht abermals die Wut auf sich, schließlich war es das Weltunternehmen aus München, das unter Führung von Klaus Kleinfeld aus der eigentlich so ungemein zukunftsfähigen Mobilfunk-Branche ausstieg und die heimischen Werke mitsamt der Technologie nach Taiwan verkaufte.

Was folgte, war eine Chronik des fortgesetzten Niedergangs. Der Skandal nach dem Skandal: BenQ blutete aus, was den bösen Verdacht erregte, Siemens habe die Pleite der einstmals konzerneigenen Werke in Bocholt und Kamp-Lintfort billigend in Kauf genommen, um nicht selbst die Drecksarbeit machen zu müssen - Globalisierung pervers. Selbst wenn es nicht so war: Die Beschäftigten fühlen sich zu Recht verraten und verkauft, selbst der NRW-Ministerpräsident sprach von einer "Sauerei".

Was ist nur aus der heilen Siemens-Familie geworden? Eine auffallend hübsche Tochter, der ganze Stolz des Mutterhauses, geriet in schlechte Hände, rutschte ab in die Verwahrlosung. Dabei ist die Industrie-Ikone Siemens mit ihren weltweit 475 000 Mitarbeitern einmal durch Kommunikationstechnologie groß geworden. Und Heinrich von Pierer ließ als Konzernchef kaum eine Gelegenheit aus, sich mit einem hauseigenen Handy fotografieren zu lassen. Dass Mobilfunkproduktion auch am Standort Deutschland gelingen kann, beweisen Motorola in Flensburg und Nokia in Bochum. Die Konkurrenz hatte besser als Siemens verstanden, wie entscheidend der Dreiklang Design, Marketing und Innovation ist.

Das Managerduo von Pierer und Kleinfeld trägt auch persönlich Verantwortung für das BenQ-Desaster. Ihre Sanierungsversuche scheiterten spektakulär und namentlich Kleinfeld war zeitweise direkt verantwortlich für die Handyproduktion. Zum individuellen Versagen kommt die katastrophale Managementstrategie, vor allem von Quartal zu Quartal zu denken und einzelne Geschäftsbereiche allein an kurzfristigem Profit zu messen. Wenn das Beispiel BenQ Schule macht, wäre ein fataler Ausverkauf der deutschen Wirtschaft die Folge. Insofern hat die aktuelle Pleite auch eine politische Dimension.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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