Börsen-Zeitung: Historische Ausmaße
Archivmeldung vom 13.12.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.12.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas soll noch einer verstehen: Die Lage ist so ernst, dass sich die Zentralbanken aus Nordamerika und Europa zu einer konzertierten Aktion historischen Ausmaßes verständigen, und was machen die Aktienmärkte? Sie legen gewaltig zu.
Die US-Notenbank Federal Reserve, die Europäische Zentralbank (EZB), die Schweizer Nationalbank SNB, die Bank von England und die Bank of Canada teilten mit, den Märkten große Mengen zusätzlichen Geldes währungsraumübergreifend bereitzustellen. Selbst nach den Terroranschlägen des 11. September wurde keine internationale Allianz dieser Größenordnung geschmiedet. Zu groß ist die Sorge, dass die Verspannungen am Geldmarkt, die in den vergangenen Wochen wieder zugenommen hatten, auf die Gesamtwirtschaft übergreifen könnten.
Zwar haben die Notenbanken mit ihren umfangreichen Liquiditätsspritzen vorübergehend die Wogen am sehr kurzen Ende des Interbankenmarktes glätten können. Die Misstrauensaufschläge jenseits der Einmonatsfrist haben sie aber nie richtig in den Griff bekommen, sie haben sich zuletzt sogar wieder deutlich ausgeweitet. Die mittelbaren Devisen-Swaps ermöglichen nun den europäischen Banken, Dollar aufzunehmen, und lindern das Problem. Wird das aber ausreichen? Zunächst muss zwischen den beiden großen Währungsräumen unterschieden werden. Die USA haben kein reines Geldmarktproblem. Das Platzen der Immobilienblase hat für sich genommen das Potenzial, die amerikanische Wirtschaft in die Knie zu zwingen. Die Klemme an den Interbankenmärkten kommt noch erschwerend hinzu.
Anders die Situation in den Ländern der Währungsunion. Zwar kühlt auch hier die Wirtschaft ab, Übertreibungen an den Immobilienmärkten gab es aber nur vereinzelt in wenigen Mitgliedsländern. Die Qualität der Krise ist in Europa eine andere, da sie bislang auf den Finanzsektor beschränkt ist.
Damit ist keinesfalls gesagt, dass Europa nicht auch ein Übergreifen auf die Gesamtwirtschaft droht, wenn es zu einer echten Kreditklemme kommt und die USA in die Rezession stürzen. Hoffentlich dämmt das beherzte Eingreifen der Notenbank das lodernde Feuer ein und verhindert einen Flächenbrand. Anlass für ein Kursfeuerwerk an den Aktienmärkten gibt es jedenfalls nicht.
Quelle: Börsen-Zeitung (von Jürgen Schaaf)