Allg. Zeitung Mainz: Nicht vorgestanzt (zu Strucks Papier)
Archivmeldung vom 24.08.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.08.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine feinere Vorlage hätte SPD-Fraktionschef Peter Struck der Linken kaum liefern können. Zwanzig Seiten umfasst das Papier mit dem Titel "Die Linkspartei und das Geld", verfasst nach dem Muster "Die Linkspartei sagt... Wir aber meinen...!" - So werden die Sozialdemokraten das Phänomen einer sich von Ost nach West ausbreitenden politischen Kraft nicht bannen.
Wenn die rote
Regierungspartei wirklich Ruhe an der Linksfront haben will, kann sie
nur konsequent Abstand zu Lafontaine, Gysi und deren Statthaltern in
Ländern und Kommunen halten. Aber genau das tut sie nicht. Dass die
SPD, in der Großen Koalition von Bundeskanzlerin Merkel liebevoll
erdrückt, mittlerweile nach Atem ringt und dabei nicht einmal mehr
nach links ausweichen kann, weil dort der Erzfeind lauert, ist
erkennbar keine besonders komfortable Position. Sich daraus zu
befreien, bedeutet aber vornehme Pflicht aller sozialdemokratischen
Mandatsträger; jedoch nicht mit einem peinlichen
Argumentationspapier, das letztlich ja auch belegt, wie wenig Grips
die SPD-Führung den eigenen Genossinnen und Genossen zutraut. Die
Führung der Linken wird ihrerseits nicht zögern, den Ball
aufzunehmen. Dass deren Spitzenpolitiker bei allem Hang zum
Populismus weder auf den Kopf noch auf den Mund gefallen sind, haben
eben erst die "Sommerinterviews" der öffentlich-rechtlichen
Fernsehsender einem Millionenpublikum demonstriert. Erbärmlicher als
Ulrich Deppendorf für die ARD vor einem souverän auftrumpfenden Oskar
Lafontaine kapitulierte, kann ein TV-Interview nicht enden. Peter
Hahne machte es für das ZDF dann deutlich besser, auch deshalb, weil
er sich mit Vorurteilen zurückhielt und stattdessen gescheit fragte.
Gregor Gysi bot dafür Witz, Charme und Wortgewandtheit satt, aber aus
wachsender Defensive. So geht man mit der Linken um, nicht aber mit
vorgestanzten Argumenten.
Quelle: Pressemitteilung Allgemeine Zeitung Mainz