WAZ: Der Kampf der Kapitäne
Archivmeldung vom 15.07.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs geht eben nichts über perfektes Timing. Erst tritt Philipp Lahm eine Debatte über die Kapitänsrolle in der deutschen Fußball-Auswahl ausgerechnet vor dem WM-Halbfinale los ("ich gebe die Binde freiwillig nicht mehr her"), und jetzt verknüpft Michael Ballack seine Glückwünsche zur Hochzeit seines Kollegen mit einer Klarstellung im Basta-Stil: Der Boss bin ich!
Mit dem Bild der Harmonie, das die junge deutsche Mannschaft in Südafrika abgab, ist diese Diktion nicht vereinbar. Augenscheinlich hat der Alltag den deutschen Fußball schneller wieder, als sich selbst notorische Skeptiker hätten ausmalen können. Dass der "Capitano" (so hat ihn Klinsmann getauft) nicht mal eben im Vorübergehen in Rente geschickt werden kann, hatte sich schon abgezeichnet, als Bastian Schweinsteiger seinen Bayern-Kumpel Lahm kühl zurückpfiff. Weil er als überragender Spieler der WM eigene Interessen verfolgt?
Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass hinter dem verbalen Schlagabtausch mehr steckt als ein vernachlässigenswertes Scharmützel zwischen einem übermütig gewordenen Jungstar und einem um seine Pfründe fürchtenden Altstar. Was auch immer es sein mag, ob ein Richtungsstreit über den künftigen Führungsstil oder ein typischer Generationenkonflikt - es ruft nach einem klärenden Wort des Bundestrainers. Dumm nur, dass dessen Zukunft selbst noch nicht geklärt ist.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung