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Börsen-Zeitung: Staatsbankrott

Archivmeldung vom 08.10.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 08.10.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die gesamte Finanzwelt droht auseinanderzufliegen. Warum sollte da die Nachricht, dass es auf Island derzeit noch gewaltiger zischt und brodelt als sonst, weil neben den Geysiren auch das Finanzsystem aus dem letzten Loch pfeift, für große Aufregung sorgen?

Weil sich hier in einem Brennglas das beobachten lässt, was mit einer kleinen Zeitverzögerung auch im Rest der Welt passieren könnte.

Es sieht nur vordergründig wie eine gute Nachricht aus, dass Russland Island mit 4 Mrd. Euro zu relativ günstigen Konditionen unter die Arme greifen will. Die schlechte Nachricht ist, dass sich die Nationalbanken von Schweden, Norwegen und Dänemark nicht erneut zu einer konzertierten Hilfeleistung aufraffen konnten. Warum nicht? Ist sich inzwischen jeder selbst der Nächste? Oder sehen Stockholm, Oslo und Kopenhagen in einer solchen Aktion ein aussichtsloses Unterfangen?

Dass Island so in die Grütze geriet, kann niemanden verwundern. Der kleinen Insel im Nordatlantik war dies seit Monaten prophezeit worden. Die 300000 Isländer hatten sich vorgenommen, Luxemburg oder Irland Konkurrenz zu machen. Der Bankenapparat des Landes wuchs in den vergangenen Jahren krebsartig an. Wer in diesen Zeiten wachsen will, muss aber höhere Risiken akzeptieren. In Skandinavien gab es in der jüngsten Vergangenheit kaum eine Finanztransaktion, bei der nicht auch das isländische Spitzentrio Kaupthing, Glitnir und Landsbanki mitgemischt hätte. Stark engagiert haben sich die Isländer zudem in Großbritannien und Norwegen. Neben Banken standen reichlich Immobilien, Ladenketten und mehr auf der Einkaufsliste. Es drohen nun Dominoeffekte.

Welcher Druck sich aufgebaut hat, lässt sich nicht nur an re kordhohen Credit-Default-Swap-Sätzen, sondern auch am rapiden Verfall der isländischen Währung ablesen. Währungsreserven von umgerechnet 3,3 Mrd. Euro reichen nicht weit. Bei Glitnir hat sich der Staat für 600 Mill. Euro eine Beteiligung von 75% verschafft. Kaupthing erhielt gestern Hilfsmittel von 500 Mill. Euro. Landsbanki schließlich wurde unter staatliche Vormundschaft gestellt. Dies alles wird nicht reichen. Die Banken haben Risiken angesammelt, die den Staat klar überfordern. Island läuft sehenden Auges in einen Staatsbankrott. Und es wird wohl nicht der einzige bleiben.

Quelle: Börsen-Zeitung

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