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Teure Endabrechnung

Archivmeldung vom 13.11.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.11.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Eigentlich hatte sich die rot-grüne­ Bundesregierung schon im Jahr 2000 mit den vier großen Energiekonzernen auf eine Restlaufzeit von 32 Jahren für die 19 deutschen Atomkraftwerke geeinigt. Dann beschloss im Jahr 2010 die schwarz-gelbe Bundesregierung den Ausstieg aus dem Ausstieg. Und nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima wurden die gerade erst verlängerten Laufzeiten wieder verkürzt - bis zum Jahr 2022.

Jetzt bekommt die Bundesregierung die voraussichtlich letzte Rechnung für den Zickzackkurs präsentiert. Das Bundesverfassungsgericht hat zur zweiten Verfassungsbeschwerde von Vattenfall geurteilt: Deutschland muss die Entschädigung von Atomkraftwerksbetreibern für den beschleunigten Ausstieg aus der Kernenergie neu regeln. Neben formalen Mängeln wird die Atomgesetz-Novelle auch inhaltlich beanstandet. Das Gesetz sei unpräzise. Es verpflichte die Betreiber der Atomkraftwerke Brunsbüttel, Krümmel und Mülheim-Kärlich - also RWE und Vattenfall - zu Anstrengungen, Reststrommengen auf andere Energieunternehmen zu übertragen. Nur unter dieser Voraussetzung sollen Ausgleichszahlungen gewährt werden. Laut der Karlsruher Entscheidung bleibt unklar, welche Anstrengungen gefordert würden. Deshalb sei die Regelung unzumutbar. Für beide Konzerne wird nun eine Entschädigung von je rund einer halben Milliarde Euro erwartet.

2016 urteilten die Verfassungsrichter: Der Ausstieg aus der Kernkraft stellt keine Enteignung dar, aber eine "Inhalts- und Schrankenbestimmung" des vom Grundgesetz geschützten Eigentums. Auch dafür steht den Atomkonzernen eine "angemessene" Entschädigung zu. Offiziell haben sie ihre Forderungen nie genau beziffert. Insgesamt summiert sich der Schaden durch den beschleunigten Atomausstieg für Eon, RWE und Vattenfall wohl auf ungefähr rund 19 Mrd. Euro.

Nicht einmal annähernd so viel werden sie bekommen. Eine Entschädigung erfolgt nur für die Reststrommengen, die 2002 mit der rot-grünen Novelle des Atomgesetzes ursprünglich vereinbart wurden und jetzt nicht mehr verstromt werden können. Was am Ende für die Energiekonzerne genau herausspringt, wird nicht von den Urteilen ordentlicher Gerichte abhängen. Entscheidend ist die konkrete Ausgestaltung der Vorgaben des Verfassungsgerichts durch den Gesetzgeber. Somit geht es um Politik und Verhandlungsgeschick. Es läuft der letzte Milliardenpoker - aber im Vergleich zum 24 Mrd. Euro schweren Atomfonds für die Endlagerung geht es nur noch um Peanuts.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)  von Christoph Ruhkamp

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