Mittelbayerische Zeitung: Blamage für die Experten
Archivmeldung vom 28.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittKunstfälscher geben gute Helden ab. Nicht im Sinne von redlich und moralisch gut, aber im Sinne von beeindruckend und unterhaltsam, gewitzt und wief, auch wegen ihrer handwerklichen Meisterschaft. Wolfgang Beltracchi ist hierfür ein herrliches Beispiel. Auch wenn sich der Richter erleichtert den Schweiß von der Stirn wischen kann, weil er das Urteil dank der Geständnisse nach sehr viel weniger Prozesstagen fällen konnte - und ohne fast 170 Zeugen hören zu müssen: Der Prozess selbst wird von Beobachtern als so amüsant beschrieben, dass viele gerne noch mehr über das muntere Kunstmarkttreiben erfahren hätten.
Mehr darüber, wie man es schafft, eine Fälschung unter aufmerksamen Expertenaugen zu verkaufen - nicht nur an einsam handelnde Privatsammler, sondern auch an namhafte Institutionen. So ging Beltracchis Max Ernst "La Horde" über einen Vermittler für knapp 4,4 Millionen Dollar an die Sammlung Würth. Bloßgestellt sind die Kunstexperten, die den Fälschungen durch teuere Expertisen Echtheit bescheinigten. Dass ihnen die Zeugenaussagen erspart geblieben sind, ist schade. Hätte man so doch an ihrem Beispiel die Defizite im System bzw. menschliches Versagen analysieren können. Die Branche wird ihr Gebaren selbstkritisch unter die Lupe nehmen müssen, um nicht endgültig in Verruf zu kommen - und sich nicht selbst aus dem Geschäft zu drängen.
Quelle: Mittelbayerische Zeitung (ots)