Neues Deutschland: zum Tod von Slobodan Milosevic
Archivmeldung vom 13.03.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSicher war es ein Zufall, dass sich die EU-Außenminister an jenem Tag, als Slobodan Milosevic in seiner Den Haager Zelle starb, mit der »europäischen Perspektive« der westlichen Balkan-Staaten beschäftigten.
Die Nachricht vom Tod des
jugoslawischen Ex-Präsidenten war noch nicht über die Ticker
gelaufen, als die Politiker von den südosteuropäischen Ländern als
Bringeschuld für eine Mitgliedschaft in der Gemeinschaft abermals die
»vollständige Zusammenarbeit« mit dem Gerichtshof in den Niederlanden
einforderten.
Jahrelang standen die Krisen auf dem Balkan für das Versagen der
EU, Konflikte auf dem alten Kontinent friedlich zu lösen. Dabei
sollte gerade das auf Druck Washingtons eingerichtete Haager Tribunal
die Handlungsfähigkeit der Europäer belegen - mit vorgegebener
Stoßrichtung. Nicht um NATO-Angriffe auf Brücken und TV-Stationen,
nicht um menschliche »Kollateralschäden« während des
völkerrechtswidrigen Überfalls auf Jugoslawien, nicht um die
Unterstützung separatistischer Terrorgruppen in Kosovo durch den
Westen ging es. Zur Debatte standen allein die Verbrechen Milosevics.
Für diese allerdings wurden in dem inzwischen vier Jahre dauernden
Verfahren keine stichhaltigen Beweise erbracht.
Mit dem Tod Milosevics wird dessen Rolle in den Balkan-Konflikten
wohl nie vollständig aufgeklärt werden können. Trotz anderslautender
Bekundungen dürfte man in den Hauptstädten der NATO-Staaten darüber
nicht traurig sein. Denn auch deren Aggressionspolitik wird nun nicht
mehr vor Gericht behandelt.
Quelle: Pressemitteilung Neues Deutschland