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WAZ: Stoiber sieht Rückendeckung: Das marode System der Macht

Archivmeldung vom 18.01.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Auch nach tagelangem Machtkampf in der CSU und nach dringenden Appellen, endlich Einsicht zu zeigen, erweist sich Edmund Stoiber als völlig unbelehrbar. Er behauptet, er habe in Wildbad Kreuth die "absolute Rückendeckung für seine Politik erhalten". In welcher Welt lebt dieser Herr Stoiber, dass er so etwas kundtut? Glaubt er wirklich, was er sagt? Oder glaubt er, dass die Bürger glauben, was er sagt?

Es ist tragisch, dass Machtwechsel häufig so würdelos ablaufen. Wenige Spitzenpolitiker geben freiwillig und einsichtig ihr Amt ab, wenn die Zeit reif ist; fast niemand baut rechtzeitig Nachfolge-Kandidaten auf und sorgt so für einen geordneten Übergang. Verzweifelt und peinlich klammern sich Mächtige gleich welcher Couleur an ihr Amt und verspielen damit sogar ihren guten Ruf, den sie sich zuvor in Jahrzehnten erworben haben. Erinnert sei hier an den zähen Abgang des Kurt Biedenkopf (CDU) in Sachsen, der erst ging, als ihn seine Gegner mit einer angeblichen Finanzaffäre aus dem Amt mobbten. Oder an die zuvor so populäre Heide Simonis (SPD), die auch nach drei Wahlgängen nicht einsehen wollte, dass ihre Zeit im Norden abgelaufen war. Die Liste ließe sich fortsetzen. Und durch Vorgänge aus der Wirtschaft ergänzen, wo Wachwechsel häufig ebenfalls unter unappetitlichen Umständen ablaufen.

Warum ist das so? Warum erinnert so manche Amtsübergabe in einem formal demokratischen System an die putschartigen Umstürze im früheren Ostblock? Ein Grund: Macht macht süchtig. Über Jahrzehnte kennt so mancher Politiker und Manager kaum etwas anderes als Arbeit, Machtspiele und Intrigen. Ein Leben außerhalb dieser Koordinaten ist für viele unvorstellbar, selbst die eigene Familie wird fremd und dient nur noch als Kulisse einer angeblichen Normalität. Mit (fast) allen Mitteln klammern sich solche Menschen dann an ihr Amt: Gegner werden bespitzelt und denunziert; das Ende der Karriere wird zum schmutzigen Machtkampf. Ein anderer Grund: Die Mächtigen hüben und drüben umgeben sich nur noch mit Ja-Sagern, Claqueuren und Hofschranzen, die sich auf Gedeih und Verderb an das System ketten; die ihrem "Herrn" unterwürfig schmeicheln, ihm niemals widersprechen und ihn vor jeglicher Kritik von außen abschotten.

Doch es ist zu leicht, die Verantwortung allein auf "die da oben" zu schieben. Es ist die Feigheit der Mitläufer, die solche Systeme trägt. In Bayern hätte niemand Leib und Leben riskiert, wenn er Stoiber kritisiert hätte. Allenfalls seine Karriere als Ja-Sager. Aber für so manchen ist das sein Leben.

Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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