Neues Deutschland: Ratingagenturen
Archivmeldung vom 16.01.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittÄhnlich wie Schülerinnen und Schüler vor dem großen Tag der Notenvergabe warten mittlerweile Europas Regierungen auf den Auftritt der Ratingagenturen - da können sie im Anschluss noch so sehr verharmlosen, deren Macht sei gar nicht so groß. Schließlich hängt ihre eigene Macht immer mehr von dieser Bewertung ab. In der Schule haben auch immer diejenigen, die mit guten Noten nach Hause gehen konnten, lässig argumentiert, Noten seien doch eh unwichtig. Für andere entscheiden sie aber über die Zukunft.
Angela Merkel scheint in dem ganzen Setting zur einzigen »Musterschülerin« aufgestiegen. Wenngleich es kein Lob gab, so gab es auch keine Schelte; das ist heutzutage schon viel wert. Doch Europas Streberin muss sich vorsehen. Wenn sie diese Rolle nutzt, um ihre Position noch konsequenter zu verfolgen, kann das umschlagen. Schon heute steht Deutschland wegen seiner verstärkten Vormachtstellung zu Recht in der Kritik. Und jetzt, da sich ihr bisheriger Partner Nicolas Sarkozy nach der Herabstufung in den Wahlkampf stürzen muss, wird diese Kritik noch lauter werden. Wer will sich schon gerne von einer Streberin sagen lassen, dass er seine Hausaufgaben doch in Zukunft einfach sorgfältiger machen soll? Dabei sind ebenso wie in der Schule die Noten der Ratingagenturen nicht objektiv. Sie verfolgen politische Ziele. Und die macht sich die Regierungschefin zu eigen. Nur ist sie längst keine Schülerin mehr. Deshalb ist es Zeit, diese Rolle zu verlassen.
Quelle: Neues Deutschland (ots)