Allg. Zeitung Mainz: Mäkeln hilft nicht (Kommentar zu G8)
Archivmeldung vom 10.07.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Heiße Luft", "Bankrotterklärung", "Farce" - das sind noch die vornehmsten Kommentare zum G8-Gipfel. Umweltschützer, Gewerkschafter und Welthungerhilfe bilden eine wortgewaltige Phalanx und üben vernichtende Kritik an den Beschlüssen von Toyako.
Bizarr wird es, wenn sich der spanische Ministerpräsident Zapatero zuhause in Madrid darüber mokiert, dass die G8-Repräsentanten das Thema Lebensmittelknappheit bei einem 19-Gänge-Menü besprochen hätten. Solche Mäkelei ist, auch wenn man über Bescheidenheit und Stilfragen sicher diskutieren kann, Heuchelei und blanker Populismus. Herrscht denn tatsächlich die Erwartung vor, dass die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Industrienationen binnen Tagen die gesamte Palette der drängendsten Menschheitsprobleme lösen, insbesondere, soweit es um Hunger geht und um die Klimafrage? Das wäre mehr als naiv. Festzuhalten bleibt, dass sich die Amerikaner in Toyako zum ersten Mal so etwas wie ein Zugeständnis in Sachen Treibhaus-Emissionen abringen ließen. Das ist objektiv sicher bitter wenig, aber viel besser als nichts. Vor allem bietet es eine gute Basis dafür, dass es mit Barack Obama, so er der nächste US-Präsident ist, noch deutlich einfacher wird. Es geht bei solchen Treffen in starkem Maße um Kommunikation, um Vertrauensgewinn. Wer schon einmal zusammen gegessen hat, findet später bei existenziellen Krisen vielleicht leichter zueinander, ganz egal, ob das Menü zwei oder 19 Gänge hatte. Das bedeutet nicht, dass ein Fazit "außer Spesen nichts gewesen" zu akzeptieren wäre. Die Probleme sind riesig, und sie müssen schnell gelöst werden. Aber wie anders als durch hartnäckige Verständigungsversuche sollte das geschehen?
Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz