Westdeutsche Zeitung: Raucher-Kompromiss
Archivmeldung vom 02.12.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittMillionen Iren können nicht irren. Seit 2004 bereits gibt es auf der grünen Insel ein komplettes Rauchverbot in der Gastronomie - auch in Bars und Pubs. Die befürchteten Umsatzeinbußen blieben aus. Im Gegenteil: Die Zahl der Gäste stieg. Mehr Arbeitsplätze wurden geschaffen.
Fast alle Iren bewerten die
Regelung positiv. Warum geht das in Deutschland nicht? Auch in
Zukunft soll bei uns eine Kneipe nur dann eine echte Kneipe sein,
wenn dort dicke Luft herrscht. Da dringt keine Krebs-Studie hindurch,
und sei sie noch so alarmierend.
Der so genannte Kompromiss zum Nichtraucher-Schutz stinkt zum
Himmel. Er dokumentiert ein weiteres Versagen der Großen Koalition.
Es war schon ein Skandal, dass Union und SPD einen möglichen
Gesetzentwurf anhand von Vorlagen diskutierten, die direkt von der
Tabakindustrie stammten. Dass nun ausgerechnet in Kneipen, wo die
Belastung durch den Tabakqualm besonders hoch ist und wo die meisten
Nichtraucher belästigt und gefährdet werden, alles beim Alten bleiben
soll, ist eine traurige Konsequenz daraus. Dass sich die meisten
Menschen in Deutschland rauchfreie Kneipen und Bars wünschen, wurde
ignoriert. Sollen sie doch zu Hause bleiben!, schallt es ihnen nun
entgegen. Geht es eigentlich noch zynischer?
Was nicht vergessen werden darf: Tausende Beschäftigte können den Belastungen in den Schank-Wirtschaften so oder so nicht entgehen. Ihnen gegenüber hat der Staat eine Fürsorgepflicht. Mehr als 70 von den insgesamt 4800 Substanzen im Tabakrauch stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Das Passivrauchen ist belegbar eine tödliche Gefahr. Ginge es mit rechten Dingen zu, müssten die Mitarbeiter in Kneipen und Bars Atemschutzmasken tragen. Wenn Berlin das länger ignoriert, wird Brüssel handeln müssen.
Quelle: Pressemitteilung Westdeutsche Zeitung