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Südwest Presse: Kommentar zum Thema: Formel 1

Archivmeldung vom 20.06.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.06.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Ob ihm 1000 Freunde oder 1000 Dollar lieber seien, wurde Bernie Ecclestone, der geschäftstüchtige Formel-1-Vermarkter, einmal gefragt. Der für seine knallharte Business-Handschrift bekannte Engländer gab zur Antwort: "1000 Freunde - und jeder schenkt mir zehn Dollar."

Solche Anekdoten können einem durchaus ein Schmunzeln abringen. Allerdings zeichnen Geschichten wie diese exakt das Bild nach, das die milliardenschwere Formel 1 im wirklichen Leben auch abgibt. "Sonntags Rennen gewinnen, montags Autos verkaufen" - diese Strategie der Hersteller hat Bestand, seit Autorennen ausgetragen werden. Wo es jährlich um derart viel Geld geht - wir reden nicht von Millionen, sondern Milliarden Euro -, da rasen im Windschatten dieser Ellbogen-Gesellschaft Neid, Egoismus oder etwa Missgunst mit. Motorsport auf dem Niveau der Formel 1 ist in der Hauptsache zu einer reinen Geldmaschine verkommen, an dessen Haupthebel eben Ecclestone sitzt, der sämtliche Verträge in punkto Vermarktung aushandelt. Doch nun ist diese Maschine ins Stottern gekommen und ist gezeichnet von einigen Fehlzündungen. Der seit Monaten anhaltende Streit um eine Einführung einer Budget-Obergrenze ist nichts anderes als ein heftiger Machtpoker. Der Motorsport-Weltverband Fia mit dem umstrittenen Präsidenten Max Mosley an der Spitze und "Geldbeschaffer" Ecclestone auf der einen so wie acht Teams unter dem Dach ihrer Vereinigung Fota auf der anderen Seite zocken mit einer Dreistigkeit um die Wette, die jeglichen Verdachtsmoment im Keim erstickt, Formel 1 habe noch etwas mit Sport zu tun. Alleine die Vorstellung, die Scuderia Ferrari, die jährlich mit einem 300 Millionen Euro-Budget agiert, ließe sich auf eine von der Fia geforderte Obergrenze für das Rennjahr 2010 von 45 Millionen ein, zeigt die Diskrepanz auf. Die Teams fahren in dieser Saison einen Sparkurs, immerhin wurden durch verschiedene Maßnahmen die Kosten von zwei Milliarden auf 1,7 Milliarden gesenkt. Es soll auch weiterhin abgespeckt werden, nicht jedoch in dem Maß, wie es von Mosley gefordert wird. Dass der sture Brite bis zuletzt keinen Millimeter nachgegeben hat, ist unter dem Aspekt der Macht zu sehen. Gibt er nach, verliert der nicht erst seit einer Bordell-Affäre umstrittene 68-Jährige an Gewicht. In dieser von Egoisten geprägten Geld-Schein-Welt ist es auf den ersten Blick schon erstaunlich, dass es so etwas wie Solidarität geben soll. Acht Teams, darunter auch die deutschen Traditionsmarken Mercedes und BMW, stellen sich gemeinsam gegen Mosley und dessen Spar- und Regel-Pläne. Der Hintergrund dieses Zusammenschlusses ist jedoch nicht geprägt vom Charakter der Nächstenliebe: Diese breite Front, die dem Fia-Präsidenten das Drohgebilde einer eigenen Renn-Serie entgegenschleuderte, sieht nicht nur den jeweiligen eigenen Vorteil. Sie ist auch Grundlage des gemeinsamen Verlangens, Mosley zu entmachten, und dadurch selbst an mehr Geld heranzukommen. Mit diesem in der Formel 1 sehr seltenen Schulterschluss von gleich acht Teams hatte die Fia-Führung nicht gerechnet. Durch seine kompromisslose Haltung eckt Mosley schon lange an. Ob er diesen Schleuderkurs übersteht, wird davon abhängen, wie festgezurrt die Allianz der Fota-Partner ist. Solidarität in der Formel 1 - nicht nur in einer Sache, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg -, das ist so selten wie eine Saison ohne Skandale. Weltweit steckt die Automobil-Branche in einer tiefen Krise, Hunderttausende bangen um ihren Job. Und die Formel-1-Protagonisten haben nichts anderes zu tun, als um Macht und Millionen zu pokern. Es wäre dem Fan nicht zu verdenken, legte er eine Vollbremsung hin - und stiege aus.

Quelle: Südwest Presse

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