NRZ: Zurück zur Drachme
Archivmeldung vom 18.05.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEs ist an der Zeit, dass Entscheidungen getroffen werden. Darüber, wo es mit dem Euro hingehen soll. Es geht nicht an, dass durch immer neue Kredite an notleidende Mitgliedsstaaten die zu lösenden Probleme hinausgeschoben werden.
So steht beispielsweise fest, dass Griechenland überschuldet, pleite ist. Immer wieder neue Kredite zu gewähren hieße, gutes Geld dem schlechten hinterherzuwerfen.
Das hilft letztlich auch dem Staat Griechenland und seiner Bevölkerung nicht. Strenge Sparauflagen, die den Griechen verpasst werden, würgen die Wirtschaft, das Leben dort ab. Nicht umsonst gehen die Menschen auf die Straße.
Was jetzt einzig hilft, ist die Einsicht, dass Griechenland ein Teil der Schulden erlassen werden muss und das Land - zumindest für eine Weile - die Eurozone verlässt, um sich mit einer eigenen, den ökonomischen Gegebenheiten angepassten Währung neue Chancen am Weltmarkt zu suchen. So könnte mit einer niedrig bewerteten Drachme der Export und damit die Wirtschaft angekurbelt werden. Dabei ist es natürlich nicht möglich, den angehäuften Euro-Schuldenberg in eben dieser Währung zurückzuzahlen.
Natürlich wird uns dieser Schuldenverzicht alle treffen. Insbesondere aber die Banken. Die haben allerdings an den von ihnen gewährten Krediten an Griechenland und anderen Staaten bislang gut verdient. Sie sind hohes Risiko gegangen und müssen nun für ihre Geschäftspraktik auch einstehen. Es ist durchaus möglich, dass einige Institute bei dem Ausfall eines Teiles der Kredite in eine gewisse Schieflage geraten. Das ist aber durchaus hinzunehmen und beherrschbar. Eine eventuelle direkte Staatshilfe für die betroffenen Banken wäre allemal billiger, als weiterhin Geld in ein Land zu pumpen, das mit den Stabilitätskriterien des Euro nicht zurechtkommt.
Der Fall Griechenland ist aber nur die Spitze des Eisberges. Etlichen anderen Ländern steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Sie haben durch die Einführung des Euros billige Kredite bekommen, die sie in ihrer eigenen, schwächeren Währung nie erhalten hätten. Sie haben diese vermeintliche Chance genutzt und stehen jetzt vor einem unüberschaubaren Kreditberg. Weitere Stützungen durch Deutschland und Co. sind also programmiert.
Dass dies bislang in Deutschland alles so friedlich über die Bühne gegangen ist, liegt daran, dass wir derzeit einen nicht erwarteten wirtschaftlichen Aufschwung erleben und letztlich die zu tragenden Kosten noch nicht den Steuerzahler erreicht haben. Aber diese Situation ist endlich. Und dann? Wer will schon, wenn er selbst den Gürtel enger schnallen muss, noch für andere zahlen? Soziale Verwerfungen könnten die Folge sein.
Es geht also um mehr als "nur" ein paar hundert Milliarden, wenn die Weichen in Sachen Eurohilfen gestellt werden. Und da ist ein Ende mit Schrecken besser, als ein Schrecken ohne Ende. Im Zweifelsfall muss überlegt werden, ob eine Neuordnung des Euroraumes nicht eine erfolgversprechende Möglichkeit ist. Auch um des politischen Friedens und des Zusammenhaltes willen.
Quelle: Neue Ruhr Zeitung / Neue Rhein Zeitung (ots)