Lausitzer Rundschau: Zu Bündnis 90/Grüne/Bundestagsfraktion
Archivmeldung vom 28.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Partei, die aus den Sesseln der Regierung in die Holzklasse der Opposition wechselt, hat nur noch wenige lukrative Posten zu vergeben. Das Gedränge um die beiden Chefposten in der grünen Bundestagsfraktion war deshalb nur folgerichtig. Und obgleich die Öko-Partei gegenüber dem Bundestagswahlergebnis von 2003 kaum verlor, wird sie die kleinste Kraft im neuen Parlament sein. Auch deshalb hat Übervater Joschka Fischer den politischen Rückzug angetreten.
Die neue Hackordnung im Bundestag lässt erahnen, wie schwer es die neuen Leitfiguren, Renate Künast und Fritz Kuhn, haben werden, dem grünen Anspruch Gehör zu verschaffen.
Zumal dieser Anspruch selbst neu
definiert werden muss. Mit dem Bekenntnis von Künast, in Zukunft
keine Konstellation mehr auszuschließen, ist es nicht getan. Dagegen
wurde kaum diskutiert, was die neue Machtoption eigentlich für die
inhaltliche Ausrichtung der Grünen bedeuten könnte. In der rot-grünen
Vergangenheit hat sich die Fischer-Truppe vornehmlich als
ökologischer Tugendwächter präsentiert. Die sozial- und
wirtschaftspolitische Kompetenz blieb eher ein spärlich beackertes
Feld. Das änderte sich erst im Wahlkampf, als die meisten Parteien
nicht zuletzt durch das Erstarken von Gregor Gysi und Oskar
Lafontaine plötzlich ihr soziales Gewissen entdeckten. Doch den
Wortgirlanden im Wahlkampf begegnen die Bürger naturgemäß mit
allerlei Vorbehalten. Wollen die Grünen nicht auf die Rolle des
willigen Mehrheitsbeschaffers reduziert werden, ist eine
Verbreiterung ihres inhaltlichen Profils unabdingbar. So steht die
Partei vor einer Zeitenwende. Mit der Wahl von Renate Künast und
Fritz Kuhn hat die Fraktion dafür gute personelle Voraussetzungen
geschaffen. Gerade Fritz Kuhn ist ein anerkannter Wirtschafts- und
Finanzexperte und obendrein ein kluger strategischer Kopf. Beide
besitzen Teamgeist und die Kraft zur Integration. Beide müssen nun
das Kunststück schaffen, erkennbare Opposition zu sein und trotzdem
regierungsfähig zu bleiben.
Quelle: Pressemittelung Lausitzer Rundschau