Neue OZ: Extreme Saison
Archivmeldung vom 10.05.2010
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.05.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie 47. Bundesligasaison war eine der extremsten. Nicht wegen des Titelduells zwischen dem FC Bayern und Schalke und auch nicht wegen des spannenden Abstiegskampfes. In der abgelaufenen Serie ist die deutsche Eliteliga in ihrer Gesamtheit geprüft worden auf Ehrlichkeit, Anstand und Charakterstärke. Sie hat bei dieser Bestandsaufnahme versagt.
Nach dem unfassbaren Freitod von Robert Enke hallten Appelle zu mehr Menschlichkeit und des Einander-besser-Verstehens durch die Stadien der Nation. Die Worte von DFB-Präsident Zwanziger klingen noch in den Ohren: "Fußball ist nicht alles." Das Mitgefühl für Enke und seine Familie schwand in dem Maße, wie Gewalttäter aufrüsteten. Böswilligkeiten kamen zum Ausdruck in Stuttgart, Berlin und zum Schluss in Bochum. Schlechte Verlierer gibt es genug, Niederlagen sind nicht mehr eingeplant. Und wenn Spiele im Boulevard angeheizt werden als "Hassduelle", erkennt man, welch explosives Potenzial der Fußball birgt.
Der Ablauf der zurückliegenden Serie stimmt nachdenklich wie selten zuvor. Die Rückkehr zur Normalität scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Der abscheuliche, aber medienwirksame Schlagabtausch zwischen Schiedsrichter Kempter und seinem einstigen Förderer Amerell hat den Fußball zu einem Schauplatz von Gehässigkeiten gemacht. Wer wollte, konnte sich an pikanten Details ergötzen. Ist es das, wonach die Anhängerschaft lechzt? Skandale, verbale Schlammschlachten und Krawalle haben sich der Bundesliga mehr bemächtigt, als ihr lieb sein kann.
Der Sport ist nicht ganz in den Hintergrund gedrängt worden. Tränen der Trauer nach dem Bochumer Abstieg, Tränen der Freude nach dem Klassenerhalt in Hannover, kindlicher Jubel bei den Bayern mit der Bierdusche für den Trainer - Emotionen, die Begeisterung und sportliche Dramatik am Fußball zutage fördern - zum Glück gibt es das noch.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung