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Rheinische Post: Künstliches Fieber

Archivmeldung vom 20.09.2005

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.09.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Demoskopen ringen um Fassung. Sie finden keine Erklärung dafür, dass sie trotz eifrigsten Bemühens den Willen des Wählers nicht vorzeitig haben erforschen können. Manche glauben Anzeichen dafür zu sehen, dass Befragte gar mit Vorsatz nicht wahrheitsgemäß antworten. Nun heißt es nicht mehr viel, wenn Meinungsforscher Anzeichen für etwas zu sehen glauben. Aber die Pointe hat Charme: Prognosen Stunden vor der Wahl als repräsentative Fintensammlung.

So entziehen sich schwer genervte Demokraten listig der Frageplage.
Gegen eine demoskopische Grundversorgung ist nichts einzuwenden. Die Übersteigerung des Messens von Stimmen und Stimmungen, wie sie zuletzt das Land in Atem gehalten hat, muss jedoch auf-hören. Dieses Treiben bildet politische Wirklichkeit nicht nur ab; es verändert sie auch. Man darf sich das vorstellen wie bei einem Hypochonder, der täglich Fieber misst: Oh, das Thermometer steigt von Mal zu Mal! Bei Normalpatienten verliefe die Kurve flach. Beim Hypochonder, der sich dauernd selbst beobachtet, entwickelt sie sich dramatisch. Hypochondrisches Fiebermessen verstärkt Trends. Deshalb ist die Zeit reif, über Regeln für Meinungsforschung unmittelbar vor Wahlen neu nachzudenken.

Quelle: Pressemitteilung Rheinische Post

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