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Westfalenpost: Objektiv gesehen

Archivmeldung vom 10.06.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.06.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Die Zahlen sind nicht neu: Frauen verdienen weniger als Männer. Weil aber der EU-Sozialkommissar zum Thema befragt wurde, schreien nun alle laut "Skandal". Etwas weniger laut klingt es dabei auf der Seite der Arbeitgeber, die "objektive Gründe" für die besonders in Deutschland weit klaffende Gehaltsschere verantwortlich machen. Objektive Gründe?

Frauen bekommen Kinder, nun gut. Doch Mütter sind meist gut ausgebildete motivierte Mitarbeiterinnen, die nach einer absehbaren Familienphase ihr Können und Wissen wieder in den Dienst ihres Arbeitgebers stellen wollen. Um dafür entsprechend bezahlt zu werden. Noch kann es sich unsere Gesellschaft scheinbar leisten, auf diese kompetenten und teuer ausgebildeten Kräfte zu verzichten. Oder - ein weiterer "objektiver Grund" für die geringere Bezahlung - sie unter ihren Möglichkeiten einzusetzen. Will sagen: Kind und Karriere schließen sich aus. Frauen müssen darauf verzichten, Verantwortung zu übernehmen, weil eine Führungskraft idealerweise 24 Stunden am Tag ihre Kraft in die Führung steckt. Und das kann - ganz objektiv gesehen - eine Mutter nur, wenn die Infrastruktur passgenau auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist. (Was selten der Fall ist. Und die Mutterrolle schrumpft dabei zum Statistenauftritt.) Künftig müssen sich Arbeitgeber verstärkt um Frauen bemühen, da weniger gut ausgebildete Kräfte verfügbar sind. Genau an dieser Stelle sollten Frauen (meist auch mit dem besseren Abschluss) Selbstbewusstsein zeigen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einfordern. Und das nicht nur, indem Kinder wegorganisiert werden, sondern indem die Kompetenzen, die Frauen mit ihrer Mutterrolle entwickeln, Wertschätzung erfahren. Die sozialen Fertigkeiten, die sich Manager auf Hochseilen, beim Überlebenstrainig im Wald oder auf dem reißenden Wildbach teuer erkaufen müssen, bekommen Unternehmen mit den Frauen gratis. Es gibt also genug objektive Gründe, Frauen gut zu bezahlen.

Quelle: Westfalenpost (von Susanne Schlenga)

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