Das WESTFALEN-BLATT Bielefeld zu Putin
Archivmeldung vom 18.10.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.10.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie russische Maschine für Propaganda und Desinformation war auch schon mal besser. Ein Attentatsplan gegen Putin - das zeugt nicht von besonderer Phantasie. Kein Geheimdienst macht dies vor einer Reise als eigene Erkenntnis publik, denn damit blamierte er die Gastgeber. Dass der Präsident trotzdem geflogen ist, das war ein bisschen zu offen Held spielen. Putin bläst sich auf.
Das Märchen vom Attentat war nicht für den Westen bestimmt. Man
tischt es den Iranern und ihren syrischen Verbündeten auf. Denn die
Friedensgegner in Nahost sind in tiefe Zweifel gefallen über die
militärischen Fähigkeiten ihrer russischen Freunde. Zur Erinnerung:
Anfang September zerstörte die israelische Luftwaffe auf syrischem
Boden eine Anlage und ein Arsenal. Bei der Anlage handelte es
offenbar um einen in Bau befindlichen Nuklearreaktor.
Das Arsenal war voll mit Scud-Raketen, die auch mit B- und C-Waffen
bestückt werden konnten. Beide Komplexe waren - und das ist des
Putins Kern - beschützt von dem neuen russischen Luftabwehrsystem
Pantsyr-S1E (Boden-Luft-Raketen).
Genau dieses System haben auch die Iraner den Russen abgekauft, um
ihre Nuklearanlagen gegen Luftangriffe abzusichern. Pantsyr aber hat
nicht funktioniert. Die syrischen Anlagen und Arsenale wurden
vernichtet. Jetzt ist die Nervosität unter den Mullahs groß, weil sie
ihre Nuklearanlagen gefährdet sehen. Und um die Iraner und Syrer zu
beruhigen, fährt Putin nun nach Teheran. Die »Attentatspläne« waren
nur ein Ablenkungsmanöver.
Washington war mit der israelischen Aktion nicht glücklich. Die »New
York Times« berichtet von heftigen Debatten im US-Kabinett.
Außenministerin Rice und Pentagonchef Gates sind verärgert darüber,
dass die Israelis ihre militärischen Fähigkeiten geoffenbart haben.
Denn das konnte nur mit amerikanischer Aufklärungshilfe geschehen,
und das dürfte die diplomatische Iran-Prozedur in der Uno jetzt
verzögern.
Die Russen werden ihr System verfeinern und jede Verschärfung der
Sanktionen mit einem Veto belegen. Solange sie sicher waren, dass ein
Angriff fehlschlagen würde, hätten sie zugestimmt. Nun drohen sie dem
Westen insgesamt mit dem Ausstieg aus Abrüstungsverträgen, um ihn von
einem Luftschlag gegen Iran abzuhalten. Das wiederum bringt die
amerikanische Diplomatie durcheinander und schindet Zeit. Ein von
Moskau durchaus begrüßter Nebeneffekt: Solange die Iran-Krise
andauert, bleibt auch der Ölpreis hoch und sprudelt es in Moskaus
Kassen.
Die Bundeskanzlerin hält in dieser Lage klar Kurs. Sie sieht im
Regime von Teheran eine Gefahr für die Region und auch für Europa.
Sie will Sanktionen unterstützen und das hat Putin mitgeteilt.
Entscheidend ist es nicht.
Israel wird den Luftschlag gegen die iranischen Anlagen so oder so
durchführen, man sieht sich existentiell gefährdet. Aber es wird nach
dem Schlag keine Verstimmung zwischen Washington und Tel Aviv geben.
Das ist für Deutschland schon ganz gut.
Quelle: Pressemitteilung Westfalen-Blatt