Rheinische Post: Die kalte Logik von Nokia
Archivmeldung vom 18.01.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Bochumer sind entsetzt. Sie hatten auf die neuen Technologien von Nokia gesetzt und gehofft, so lasse sich Strukturwandel im Ruhrgebiet gestalten. Handy-Produktion statt Steinkohlebergbau.
Jetzt schließt das finnische Weltunternehmen sein Werk in Bochum, noch lange bevor die letzte Zeche im Ruhrgebiet dichtmacht. Der Schein hat getrogen, der Strukturwandel ist hier erst einmal verschoben. Muss man dafür die geldgierigen Manager in Helsinki auf die Anklagebank setzen, die nicht einmal mit der traumhaften Umsatzrendite von 22 Prozent zufrieden sind? Der Primus unter den Mobilfunk-Ausrüstern verfolgt in seinen Plänen eine kalte Logik. Die Produktionsstandorte wandern von West nach Ost, weil dort die Kosten niedriger sind. Zugleich ist es technologisch möglich, die Fabriken zu verlagern. Die Endmontage von standardisierten Mobilfunkgeräten ist eben nicht so kompliziert, dass sie nicht auch in Rumänien oder Malaysia geschafft werden kann. Nokia ließ es an Fingerspitzengefühl fehlen. Vielleicht übertreibt der Konzern sogar sein Kostenmanagement und kümmert sich nicht um das Schicksal seiner Beschäftigten. Doch wenn der Standort auf Dauer gegenüber den billigeren zurückfällt, ist er nicht zu retten. Das ist ökonomische Logik.
Quelle: Rheinische Post (von Martin Kessler)