Westfalenpost: zur Wehrpflicht
Archivmeldung vom 23.08.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFrüher, als die Welt auch nicht in Ordnung war, dauerte die Wehrpflicht 18 Monate. Das fanden die meisten jungen Männer nicht gut. Die gute Nachricht: Der immer aus dem Osten kommende Angriff geriet spätestens am Teutoburger Wald zum Stillstand. Siegreiche Wehrübungen gehörten in der Zeit des Kalten Krieges zur Bundeswehr wie heute die Auslandseinsätze. Vieles hat sich verändert.
Das gilt erst recht für die tatsächliche oder "gefühlte" Bedrohungslage in Deutschland. Die Bundeswehr stellte sich zum Teil auf die neuen Verhältnisse ein, es überwiegen aber noch alte Strukturen. Die Diskussion über Sinn, Art und Kosten der ohnehin stark verkürzten Pflicht-Dienstzeit muss genutzt werden, in aller Ernsthaftigkeit auch diejenigen Fragen anzusprechen, die über alltägliche Kurzzeitsicht hinausgehen. Schnellschüsse sollten sich dabei verbieten, um in der Soldatensprache zu bleiben. Dafür ist das Thema zu wichtig. Es geht um (freies) Leben, freie Entscheidungen, um viel Geld und, als bittere Neuzeit-Erfahrung, auch um das Sterben junger Menschen für die Freiheit. Merkel und Minister Guttenberg haben Recht: Man muss neu denken. Und alles bedenken. Käme das Aussetzen der Wehrpflicht in der Praxis einer Absetzung gleich? Hat sich der - für viele beruhigende - Gedanke einer Armee von Bürgern in Uniform überholt? Wie wirkt sich der grundsätzlich freiwillige Wehrdienst auf den Zivildienst aus? Kann das Land ohne Zivis auskommen? Die Wahrheit ist: Richtige Antworten fallen schwer. Es muss jedoch gehandelt werden. Nicht nur, aber auch wegen der Haushaltslage. Die Politik steht vor wichtigen Entscheidungen.
Quelle: Westfalenpost