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Westdeutsche Zeitung: Bundestrainer entscheidet sich gegen die Jugend

Archivmeldung vom 29.05.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Joachim Löw ist bei seiner Personalplanung immer für eine Überraschung gut. Zuerst berief der Fußball-Bundestrainer Marko Marin in den vorläufigen Kader. Nun hat er den jungen Gladbacher wieder gestrichen. Das Signal ist ebenso eindeutig wie falsch.

Sicherheit geht vor, Unbekümmertheit ist aus deutscher Sicht in der Nationalmannschaft bei dieser EM leider nicht gefragt. Löw steht genauso unter Erfolgsdruck wie seine Vorgänger. Also muss auch er gute Ergebnisse erzielen. Der letzte Sieg bei einer Europameisterschaft ist schließlich bereits zwölf Jahre her. Also berief er lieber erfahrene Spieler. Der Bundestrainer hat seine Entscheidung verteidigen müssen. Nur ein Sandkorn hätte auf der Waage den Ausschlag gegeben. Das überzeugt nicht, denn alle drei Nachwuchskräfte wurden aussortiert, dreimal wurde gegen die Jugend entschieden. Warum erklärt er das nicht so? Obwohl der Bundestrainer sein Ziel erreicht hat und der Konkurrenzkampf die ersten Tage des EM-Trainingslagers belebte: Menschlich ist es für die gestrichenen Spieler eine bittere Erfahrung. Denn Löw lobte fast mit jedem Satz die Art des Hoffnungsträgers der Gladbacher Borussia. Es schien klar, dass dieser für eine besondere Jokerrolle vorgesehen sei. Dass sich Marin und auch Helmes und Jones mit ihren beherzten Auftritten in Kaiserslautern zudem in die Herzen der Fans gespielt haben, macht alles noch unverständlicher. Der Trost, dass sie für die Zukunft in der Nationalmannschaft fest eingeplant seien, hilft den Spielern aktuell absolut nicht weiter. Im Gegenteil, die Erfahrungen, die ein junger Profi bei solchen Turnieren macht, wären ungeheuer wertvoll gewesen. Und wenn Löw mit diesen Spielern ohnehin erst nach der Euro plant, hätte er sie gar nicht in den vorläufigen Kader holen sollen. Der Vertrauensbasis zwischen Trainern und Spielern ist dies nicht dienlich. Dennoch scheint es nicht so zu sein, dass mit der Nominierung des 26er-Kaders alles bereits ausgemachte Sache gewesen war. Aber mit seiner Casting-Show hat sich Jogi Löw insgesamt keinen Gefallen getan. Vor vier Jahren wurde Lukas Podolski von Rudi Völler in den EM-Kader für Portugal berufen. Obwohl er damals kaum zum Einsatz kam - geschadet hat ihm diese Erfahrung nicht.

Quelle: Westdeutsche Zeitung (von Norbert Krings)

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