Neue Westfälische Bielefeld: Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche
Archivmeldung vom 08.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEndlich ist es öffentlich: Kindesmissbrauch und der sexuelle Missbrauch Schutzbefohlener durch Angehörige der katholischen Kirche sind keine Einzelfälle und nicht auf Regionen beschränkt. Selbst jetzt, da binnen weniger Tage an die 100 Fälle bekannt werden, ist davon auszugehen, dass nur ein Bruchteil der Übergriffe ans Tageslicht kommt. Auch im Erzbistum Paderborn sind Menschen betroffen, Jugendliche zu Opfern geworden.
Über Jahrzehnte war der Klerus eifrig bemüht, die wenigen bekannten Vorkommnisse herunterzuspielen, durch Versetzung der Täter zu kaschieren und mit dem Mantel des Schweigens zu verdecken. Das ist neben den bösen Taten der zweite Skandal. Niemand in der Kirche, einer Institution mit hohen moralischen Ansprüchen an sich und andere, hatte den Mut, sich für die wenigen Opfer, die sich offenbarten einzusetzen. Damit muss es nun endgültig ein Ende haben. Sexualität ist ein unglaublich großes und schönes Geschenk an die Menschen. Sie kann eine gewaltige Erfahrung sein, die einen Menschen unkontrolliert fortreißt - in höchste Höhen, aber auch in tiefste Tiefen. Bis dahin, dass sie krankhafte Züge annimmt, ihn zerstört, wenn er keine Hilfe bekommt. So ergeht es wohl den Tätern. Wenn die katholische Kirche nun institutionell einer ganzen Berufsgruppe sexuelle Enthaltsamkeit auferlegt, darf sie sich nicht wundern, wenn besonders Menschen zu ihr kommen, die es nicht leicht mit ihrer Körperlichkeit haben. Der Zölibat verhindert, dass ein natürlicher Trieb ausgelebt und genossen werden kann. Dadurch entsteht Druck. Das bedeutet keinesfalls, dass jeder zölibatär lebende Mann verdächtig ist. Auch außerhalb der Kirche ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen leider an der Tagesordnung. Dennoch muss sich die katholische Kirche auch der Zölibat-Frage stellen.
Quelle: Neue Westfälische