Leipziger Volkszeitung zum Solidaritätszuschlag
Archivmeldung vom 30.07.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Debatte spaltet. Im Westen ruft sie oft Neid und Missgunst hervor, im Osten Unverständnis und Enttäuschung. Der Solidaritätszuschlag, im Volksmund schnodderig Soli genannt, ist immer noch ein hoch sensibles Thema. Es geht bei ihm schlichtweg um eine Lastenverteilung, um Antworten auf die Fragen, wer für wen und was, warum unberechtigterweise oder berechtigterweise zahlen muss.
Und da bei Geld bekanntlich die
Freundschaft aufhört, wird in der Regel über die Abgabe populistisch
und mit Stammtisch-Parolen diskutiert. Leider.
Doch wenn sich der Schlagabtausch versachlicht und die Zwischenrufe
in der parlamentsfreien Zeit zu einer Auseinandersetzung führen, die
in eine nüchterne Bestandsaufnahme mündet, ist dagegen kaum etwas
einzuwenden. Denn der Soli zieht den Bürgern Geld aus der Tasche und
ist eben nicht, was die meisten damit verbinden: Einnahmequelle für
den Aufbau Ost, die den wirtschaftlichen Aufholprozess und die
Angleichung der Lebensverhältnisse sichert. Für die jeder Bürger
seinen Beitrag leisten muss, damit gesamtgesellschaftlich die
Deutschen ihre Jahrhundert-Herausforderung meistern können -
solidarisch dem Großen und Ganzen verpflichtet. So war es jedenfalls
mal gedacht, als Altkanzler Helmut Kohl die Sonderabgabe befristet
wegen der hohen Belastungen aus Wiedervereinigung, Golfkrieg sowie
der zusätzlichen Unterstützung der osteuropäischen Länder aus der
Taufe gehoben hatte.
Von der Befristung ist aber herzlich wenig übrig geblieben. Zwar
wurde der Soli zwischenzeitlich abgeschafft, um dann nur zwei Jahre
später wieder als Sondersteuer ein Comeback zu erleben, obwohl die
besonderen Lasten längst obsolet sind. Der Golfkrieg ist längst
vorbei - und der deutsche Anteil bezahlt. Die osteuropäischen Länder
sind inzwischen in der EU und im Osten der Republik wird auch kräftig
Soli für den nationalen Aufbau bezahlt. Die Verhältnisse haben sich
geändert. Grundlegend. Deshalb wäre es ein Akt der Glaubwürdigkeit,
auch die Sondersteuer wieder abzuschaffen.
Zumal es volkswirtschaftlich durchaus Sinn macht. Steinbrück nimmt
wegen der guten Konjunktur mehr Milliarden ein, könnte daher auch
einen Teil des Geldes wieder zurückgeben. Um den privaten Konsum
anzuregen und damit den Aufschwung zu stärken. Was soll daran so
falsch sein? Nichts. Doch weil das Thema emotionsgeladen ist, läuft
es wahrscheinlich darauf hinaus, was BDI-Präsident Thumann beim
Vergleich mit der Sektsteuer einfällt: Wilhelm II. hatte sie zur
Flottenrüstung eingeführt und wir zahlen sie heute immer noch bei
jedem Schluck Wackerbarth, obwohl die kaiserliche Kriegsmarine längst
auf dem Meeresboden verrostet.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung