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WAZ: Sucht im Alter: ein Tabuthema

Archivmeldung vom 10.08.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.08.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Goethe brüstete sich noch im hohen Alter damit, täglich zwei Flaschen Rotwein zu trinken. Vergleichsweise munter starb er 82-jährig, vermutlich an einem Herzinfarkt. Doch was Goethe gegeben war, ist eben nicht jedem gegeben. Weil sie allein sind und traurig, greifen heute viele alte Menschen zur Flasche oder zur Tablette, im schlimmsten Fall zu beidem. Und viele leiden darunter und daran.

Doch: Suchtprobleme sind lösbar, glauben die Experten. Man muss sie nur erkennen. Süchtige Senioren sind genauso erfinderisch wie jugendliche Junkies, wenn es gilt, das Problem zu vertuschen. Aber die alleinstehende Witwe oder der kinderlose Rentner fliegen damit weniger rasch auf als der 45-jährige Familienvater, der jeden Tag an seinem Arbeitsplatz erwartet wird. Viel zu lange war das Thema "Sucht im Alter" zudem eines, über das man nicht sprach. Manche Ärzte machen da bis heute keine Ausnahme.

Weshalb, so Christa Merfert-Diete von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen, das eigentliche Problem womöglich nicht das ist, dass sich Krankenkassen schlicht weigern, einem Ü-60-Alkoholiker die Reha zu zahlen. Wäre das wirklich der Fall, es wäre ein Skandal. Aber vielleicht habe dem alten Herrn auch einfach niemand gesagt, dass er zu viel trinkt und dass er dringend Hilfe braucht. Wäre das der Fall, es wäre eigentlich nicht weniger furchtbar.

Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung

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