SÜDWEST PRESSE, Kommentar zu Überwachung von Bahnhöfen
Archivmeldung vom 23.08.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.08.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittWer häufig mit dem Zug fährt, bekommt für sein Ticket eine Filmkarriere gratis hinzu. Auf immer mehr Bahnhöfen nehmen Kameras die Reisenden auf, senden Bilder ins Sicherheitszentrum nach Berlin. Wieder einmal führt das Anliegen, für mehr Sicherheit zu sorgen, zu einem Eingriff ins Persönlichkeitsrecht. Die Videokameras sammeln massenhaft Bilder unbescholtener Bürger.
Nicht umsonst hält das Bundesverfassungsgericht eine flächendeckende
Videoüberwachung in Deutschland für unzulässig. Diese Art der
Kontrolle ist in den Polizeigesetzen der Länder geregelt. Sie wird
nur eingesetzt, wo es die Kriminalitätslage und die Gefahrenprognose
rechtfertigen.
Nach den Anschlägen von Madrid und London mag sich das Bewusstsein
für die Terrorgefahr an Großbahnhöfen zugespitzt haben. Doch
Videoüberwachung schreckt Selbstmordattentäter nicht ab, wie das
Beispiel London zeigt. Dort sind Kameras an allen U-Bahnhöfen
installiert.
Aber um die Terrorabwehr geht es Bundesinnenminister Schily und
Bahn-Chef Mehdorn nach eigenem Bekunden vordergründig nicht. Sie
wollen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten verfolgen beziehungsweise
verhindern.
Zweifellos hat die Bahn als Hausherr das Recht dazu, Videokameras
einzuschalten. Sie sollte aber darlegen, wo sie das tut und vor
allem, was sie mit den Daten macht. Das ist sie ihren Kunden
schuldig.
Quelle: Pressemitteilung Südwest Presse