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Börsen-Zeitung: Italiens erster großer Test

Archivmeldung vom 28.01.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.01.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Den Finanzmärkten steht der erste große Test des Jahres 2012 bevor, und bestehen muss ihn der größte Wackelkandidat in der Eurozone: Italien. Die Fixed-Income-Investoren warten auf die Italiener in der neuen Woche gleich zweimal - einmal, wenn sie zur Kasse gebeten werden, weil Italien frisches Geld braucht, und ein weiteres Mal, wenn sie den Staat selbst zur Kasse bitten, weil Italien Fälligkeiten bedienen muss.

Unmittelbar zum Wochenauftakt ist der Blick schon gen Italien gerichtet. Die italienischen Schuldenmanager veranstalten ihre reguläre Monatsendauktion. Unter den Hammer kommen Papiere für bis zu 8 Mrd. Euro. Da es jüngst für die Italiener an den Märkten recht gut gelaufen ist - wenn auch nicht so gut wie für Spanien - ist davon auszugehen, dass das Land die Versteigerung wohl ohne größere Schwierigkeiten über die Bühne bringen wird. Sollte das Vertrauen in die Zins- und Schuldendienstfähigkeit der Italiener am Montag enorm schwinden, wäre das wahrlich ein schlechtes Omen für Mittwoch. Denn zur Wochenmitte werden die Italiener noch etwas sehnsüchtiger erwartet, denn Schuldentilgung und Zinszahlung sind angesagt. Der offenstehende und fällige Betrag ist kein Pappenstiel: Exakt 25807727000 Euro nebst 5% Zinsen für ein halbes Jahr müssen die Italiener dann auf den Tisch legen, um die Anfang August 2001 aufgelegte Staatsanleihe des Landes zu tilgen. Einen Tag zuvor warten die Anleger zudem noch auf 7,5 Mrd. Euro aus fälligen Geldmarktpapieren. Aber dabei handelt es sich um weitgehend rollierende Geschäfte, die bei Italien (noch) nicht weiter beunruhigen sollten. Schließlich steht Italien (noch) nicht so mit dem Rücken zur Wand wie einst Griechenland im April 2010. Drastischer Wechsel

Die überwiegende Mehrheit der Marktteilnehmer geht nicht davon aus, dass zur Wochenmitte bei der Rückzahlung des Kapitalmarktpapiers ein Desaster droht. Italien hat nun seit geraumer Zeit verfolgen dürfen, in welch prekäre Lage drei Länder geraten sind, die schließlich in Brüssel um Hilfe der Gemeinschaft bitten durften. Italien dürfte Vorsorge getroffen haben. Es wird fest damit gerechnet, dass es zur Rückzahlung kommt. Alles andere wäre eine faustdicke Überraschung, und die würde an den Märkten, die jüngst von einem verbesserten Sentiment - insbesondere auf der Primärmarktseite - geprägt waren, für einen drastischen Stimmungswechsel sorgen. Die Gläubigerverhandlungen in Athen würden sofort in den Hintergrund treten. Die Dimension Italien entspricht in etwa Griechenland multipliziert mit dem Faktor 6 - zumindest mit Blick auf die ausstehende Schuld.

Griechenlands Verhandlungen mit den Gläubigern werden neben Italien das zweite zentrale Thema an den Märkten sein, schon allein deshalb, weil die Verhandlungen mittlerweile sehr negativ auf ein weiteres Land der Eurozone abfärben. Portugal wird arg in Mitleidenschaft gezogen. Am Bondmarkt ziehen die Renditen der Staatsanleihen aus Lissabon kräftig an. Bei den fünfjährigen Papieren der Portugiesen wurde in der gerade abgelaufenen Woche erstmals seit Bestehen der Gemeinschaftswährung die Marke von 20% übersprungen. Bei den zehnjährigen Sätzen weist der Weg ebenfalls steil nach oben. Bei rund 15% wurde der Rekord in den vergangenen Tagen markiert.

Bei den CDS auf portugiesisches Staatskreditrisiko ist das Bild ebenfalls eindeutig. Rund 1430 Basispunkte Spread waren es in der abgelaufenen Woche - ein Rekord. Zur Erinnerung: Anfang des Jahres und auch noch vor zwei Wochen war es noch ein Spread von rund 1080 BP. Um dies einzuordnen: Mit diesem Spread-Niveau liegt Portugal weit vor Venezuela (851 BP) und Argentinien (786 BP) - zwei Ländern, die auf der internationalen Schuldnerbühne nicht unbedingt zu den solidesten Adressen zählen. Die beiden weltweit schwächsten Staaten-Credits finden sich demzufolge in der Eurozone: Griechenland und Portugal.

Hinter diesen Spread-Ausweitungen bzw. anhaltend hohen Spreads steht nur eines: Sollten die Gläubigerverhandlungen in Athen scheitern, droht den Märkten ein chaotischer Default der Hellenen - eine Bondfälligkeit steht am 20. März an, etwas Zeit bleibt also noch. An den Märkten wird demzufolge befürchtet, dass Athen womöglich zur Blaupause für Lissabon wird und damit in Portugal ein ähnliches Gezerre zwischen Gläubigern und Schuldner stattfinden wird, das dann ein recht ungutes Ende nehmen könnte. Jedes negative Signal, das in den kommenden Tagen aus Athen eintrifft, wird demzufolge unmittelbar im Portugal-Spread reflektiert.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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