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Börsen-Zeitung: Späte Einsicht

Archivmeldung vom 19.01.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 19.01.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott

Die Deutsche Bank schrumpft nicht nur ihre Bilanz, sondern auch ihre Bonifikationen. Blätterte sie für 2013 noch stolze 3,2 Mrd. Euro an variabler Vergütung hin und für 2014 und 2015 rund 2,7 Mrd. beziehungsweise 2,4 Mrd. Euro, so dürften sich die Entgelte in der anstehenden Runde auf 1,2 Mrd. Euro glatt halbieren. Führungskräfte schauen gar komplett durch die Finger, was einen Individualbonus angeht.

Müssen die Vice Presidents, Directors und Managing Directors nun zahlen für den jüngsten Vergleich mit dem US-Justizministerium im Hypothekenstreit, der zunächst mit rund 3 Mrd. Dollar zu Buche schlägt? In diesem Fall würden die Boni dem Konzept der Anreizstruktur gerecht wie selten zuvor, auch wenn es etwa im Vorstand ausnahmslos Manager träfe, die noch nicht an Bord waren, als die Bank am US-Hypothekenmarkt fingerte.

In Vorstand und Aufsichtsrat hat sich endlich die Einsicht durchgesetzt, dass es nicht weitergeht wie 2015, als das Institut einen Rekordverlust buchte und den Aktionären zwei Jahre Dividendenverzicht ankündigte, an den Boni indes nur homöopathische Abstriche machte.

Die betriebswirtschaftliche Logik hat dabei kräftig mitgeholfen, läuft die Bank doch Gefahr, nach den Zielen ihrer Strategie 2015 auch die für 2018 formulierten Vorgaben infolge überhöhter Kostenbasis zu verfehlen. Analysten zufolge dürfte sie für 2016 eine Kosten-Ertrags-Quote von 96 Prozent ausweisen, schon im kommenden Jahr aber will sie bei rund 70 Prozent landen.

Nun zahlt das Institut variabel zwar noch immer zehnstellig, während netto ein dreistelliger Millionenverlust zusammen kommen dürfte. Der Wille, die Kosten zu senken, ist freilich unverkennbar. Das "begrenzte langfristige Anreizsystem", welches der Vorstand solchen Mitarbeitern verspricht, "deren Positionen ganz besonders entscheidend für die Zukunft der Bank sind", darf man vor diesem Hintergrund getrost als Placebo betrachten - hätte es Gewicht, hätte sich die Bank ihre Bonuskürzung und die damit verbundene Unruhe intern sparen können.

In den kommenden Monaten wird es spannend. Jahrelang bügelte die Bank Kritik an ihren Boni ab mit dem Argument, sie müsse wettbewerbsfähige Entgelte bieten, um den Verlust guter Leute zu verhindern. Mancher Verantwortliche dürfte nun hoffen, dass die Bank damit nur an einer Legende strickte.

Auch mit der Vergütung andernorts, welche die Bank jahrelang anführte, um die durch die eigenen Ergebnisse nicht zu rechtfertigenden Boni zu begründen, ist es nicht mehr so weit her. Das ist die neue Realität, der sich alle Banker beugen müssen.

Quelle: Börsen-Zeitung (ots)

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