Westdeutsche Zeitung: Der große Kampf um Glaubwürdigkeit
Archivmeldung vom 25.10.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Zeiten waren andere, als Schalkes Präsident Günther Eichberg dem Bundesliga-Schiedsrichter Manfred Neuner ein schweres Jagdgewehr zum Jubiläum des Pfeifenmannes überreichte. Es war der 21. März 1992, Neuner dankte, richtete hernach über Schalkes Fußballer - und zettelte damals eine intensive Diskussion über Bestechlichkeit von Schiedsrichtern an. Solche Blüten der Fußball-Geschichte hat der Deutsche Fußball Bund später verhindert. Geschenke sind längst verboten,
Schiedsrichter haben integer zu sein, Regelhüter sind Vorbilder, unbestechlich und rein im Gewissen. Bis der Fall des von Wettbetrügern im großen Stil bestochenen Schiedsrichters Robert Hoyzer die Gilde des Mannes mit der Pfeife 2005 aufs Neue erschütterte. Und der Referee als allzu weltlicher Mensch gebranntmarkt wurde, als einer mit Ecken und Kanten, bisweilen willensschwach und unglaubwürdig. Der Affäre um den Schiedsrichter Manfred Amarell, die unzähligen Wettmanipulationen der jüngeren Zeit - die Dinge geraten immer wieder aus den Fugen. Und gerade, wenn die alten Wunden geheilt sind, werden neue geschlagen. Der Fußball hat ein echtes Glaubwürdigkeitsproblem, wenn sich auf der einen Seite mancher Spieler zuerst seinen Wetteinsätzen und erst dann den taktischen Vorgaben des Trainers verpflichtet sieht. Und er hat auch ein Problem, der großen Zuneigung des Fans gerecht zu werden, wenn sich - mit aller Vorsicht - Erstliga-Schiedsrichter als wenig integre Gesellen durch das Leben mauscheln: Weil sie auf dem Rasen dieser Stadien als echte Instanz zu richten haben, wenn es um Millionen von Euro für Vereine und unzählige Arbeitnehmer geht. Ein bloßes Spiel nämlich wird hier schon lange nicht mehr gespielt. Auch deshalb sind seinerzeit die Honorare für Schiedsrichter enorm angehoben worden. Kein Zweifel: Es gilt zunächst die Unschuldsvermutung. Und doch ist sicher, dass dem FußballSchaden entstehen wird. Selbst, wenn der DFB die Verantwortung für des Schiedsrichters fehlende Zahlungslust in Steuersachen schon gestern weit von sich wies. Schiedsrichter müssen auch Fehler machen dürfen. Aber lieber dort, wo sie wirklich schwer zu verhindern sind: Im Stadion.
Quelle: Westdeutsche Zeitung (ots)