WAZ: Ohne Einsicht und Rückgrat
Archivmeldung vom 21.05.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas Diäten-Desaster ist perfekt: Die geplante Anhebung der Abgeordneten-Bezüge ist vom Tisch. Ein peinlich-populistisches Ende eines dilettantischen Vorgangs.
Akt eins: Der Bundestag erkennt die Notwendigkeit, die
Diäten-Regelung zu reformieren. Akt zwei: Die große Mehrheit stimmt
den Plänen zu, sich künftig an den Tarifsteigerungen im Öffentlichen
Dienst zu orientieren. Akt drei: Die auf Schnall-den-Gürtel-enger
gepolte Bevölkerung schäumt ob der Tatsache, dass die Abgeordneten
binnen drei Jahren 16 Prozent mehr verdienen sollen - die ersten
Parlamentarier bekommen kalte Füße. Akt vier: Die Koalitionäre
verkünden den geordneten Rückzug.
Was lernen wir daraus? Dass die Abgeordneten im Ernstfall über
wenig Rückgrat verfügen. Dass sie trotz des Stopps immer noch nicht
verstanden haben: Nicht die Gesamthöhe der Diäten ist das Problem,
wohl aber die maßlose Steigerung und das Verfahren, das die Bürger
nicht nachvollziehen können. Diäten = Empörung: Dieser Automatismus
lässt sich nur mit einem Systemwechsel durchbrechen. SPD und CDU
wollen es dagegen irgendwann erneut versuchen. Einsicht sieht anders
aus.
Quelle: Westdeutsche Allgemeine Zeitung (von Norbert Robers)