Lausitzer Rundschau: Friedensnobelpreis für Mohammed Junus
Archivmeldung vom 14.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDas war eine Überraschung, diese Entscheidung des norwegischen Komitees für den diesjährigen Friedensnobelpreis. Eine schlechte Wahl war es mit Sicherheit nicht. Der Preis geht mit Bangladesch in ein Land, dessen Name einst gleichbedeutend war für millionenfachen Hungertod und dessen Menschen auch heute noch zu den Allerärmsten der Armen gehören.
Wer weiß hier denn schon, dass dort
fast doppelt so viele Menschen leben wie in Deutschland.
Die Auszeichnung geht an einen Mann, der mit vielen Tabus gebrochen
hat in dieser vom Islam bestimmten Gesellschaft. Dass diejenigen, die
von seinem Konzept der Kleinkredite profitieren, in großer Mehrheit
Frauen sind, ist um so bemerkenswerter. Er geht an einen Mann, der
jede Ehrung verdient hat.
Die Preisvergabe sendet auch ein beachtenswertes Signal. Sie zeigt,
dass es nicht nur, noch nicht einmal in erster Linie in unserer
verwöhnten, reichen Welt, die gerne die erste genannt wird, den Mut
gibt, das Gute zu versuchen. Sie folgt früheren Entscheidungen, in
denen mit Wangari Maathai das Engagement für die Umwelt in Afrika und
mit Schirin Ebadi für die Menschenrechte im Iran gewürdigt wurden.
Die Botschaft aus Oslo ist auch ein Hinweis darauf, dass die
Globalisierung eben nicht nur durch Waren- und Geldströme
gekennzeichnet ist. Sie weist nach, dass auf allen Kontinenten
Menschen aufstehen und ihr Bestes versuchen, um unseren Planeten auch
in Zukunft Heimat sein lassen.
Unstrittig ist sicher auch, dass zu den Voraussetzungen für eine
friedliche Welt viele kleine und große Siege im Krieg gegen die Armut
gehören. Und Mohammed Junus hat bewiesen, dass er darin ein großer
Feldherr ist.
Es gab und gibt zu diesem überraschenden Preisträger auch kaum eine
wirklich überzeugende Alternative. Wohl hätte die ermordete russische
Journalistin Anna Politkowskaja und ihre Mitstreiter für die Wahrheit
über den Krieg in Tschetschenien den Preis verdient. Aber was sonst
als Kandidaten genannt wurde an wohltätigen Rockstars oder fleißigen
Berufsdiplomaten, wäre eher eine Verlegenheitslösung gewesen.
Die spontane, die große Freude und Begeisterung, die die Nachricht
vom Preis in Bangladesch selbst auslöste, ist vielleicht das
Wichtigste dieses Tages. Noch nicht einmal die Hälfte der Menschen
dort kann lesen und schreiben oder hat auch nur einen Dollar am Tag
zum leben. Daran nachdrücklich erinnert zu werden, ist allemal einen
Friedensnobelpreis wert.
Quelle: Pressemitteilung Lausitzer Rundschau