Börsen-Zeitung: Chryslers Schachzug
Archivmeldung vom 03.01.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie amerikanischen Autohersteller stehen am eigenen Markt stark unter Druck. Seitdem auch der US-Bürger an der Zapfsäule ins Grübeln kommt, wenn er den Tank seines spritschluckenden Pickup Truck oder seines Geländewagens teuer füllt, müssen General Motors, Ford und Chrysler mit Blick auf ihre Modellpaletten selbstkritisch feststellen: sparsame Fahrzeuge gehören nicht zu unseren Stärken.
Nun haben die "Big Three" schon in der Vergangenheit immer wieder
Talent darin gezeigt, im weltweiten Sortiment ihrer Konzerne etwas zu
finden, was sich "amerikanisiert" auch in den Staaten verkaufen
ließe. So bediente sich Ford immer wieder bei kleineren Fahrzeugen
bei der europäischen Tochter. Auch GM bemühte sich, Opel-Modelle zu
adaptieren. Und in grauer Vergangenheit, als auch Chrysler ein
europäisches Geschäft hatte (Simca und Sunbeam), fand der
Golf-Konkurrent Horizon den Weg über den Großen Teich.
Später nutzten die US-Konzerne ihre japanischen Beteiligungsfirmen
wie Suzuki und Isuzu (GM), Mazda (Ford) und Mitsubishi (Chrysler), um
das schmale eigene Angebot in bestimmten Nischen mit Importfahrzeugen
zu ergänzen - mit der Ford-Pflaume auf dem Kühler wurde ein Mazda
schnell ein amerikanisches Produkt.
Und dennoch: Wenn Chrysler von 2008 an in der Subkompaktklasse
(Fahrzeuge in der Größe eines VW Polo) aus China stammende Fahrzeuge
des staatlichen Herstellers Chery unter eigener Marke verkauft, dann
ist dies von neuer Qualität. Die DaimlerChrysler-Sparte betätigt sich
damit als Steigbügelhalter für die aufkommende chinesische
Konkurrenz. Mögen auch die absehbaren Verkaufszahlen der Kleinwagen
in den USA bescheiden bleiben. Mit Chrysler-Hilfe wird der
chinesische Wettbewerber mit Abgas- und Sicherheitsbestimmungen in
den USA (und auch in Europa) rasch vertraut und fit gemacht.
Bei Chrysler mag man sich an das Motto "if you can't beat them,
join them" halten und vielleicht etwas Zeit im Verdrängungswettbewerb
am Heimatmarkt gewinnen, bis neue Modelle die Abhängigkeit von den
Spritschluckern mindern. Dass sich die Chinesen mit derartigen
Lieferverträgen auf Dauer an die Kette legen lassen und auf einen
eigenen Auftritt in den westlichen Märkten verzichten, daran glaubt
man aber wohl auch in der Chrysler-Zentrale in Auburn Hills nicht.
Quelle: Pressemitteilung Börsen-Zeitung