LVZ: Staats-Schnüffelei
Archivmeldung vom 12.03.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.03.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Karlsruher Verfassungshüter gaben gestern völlig zu recht zornigeTöne von sich. Die um sich greifende behördliche Lust, den Bürger immerzu im Blick zu behalten, ist bei der höchsten Instanz erneut auf Widerstand gestoßen. Die hatte erst jüngst die Krallen ausgefahren, als es um heimliche Online-Durchsuchungen ging.
Nun ist klar: Auch die weit gefassten Gesetze, mit denen sich diverse Bundesländer den Einsatz von harmlos scheinenden Maut-Kontroll-Geräten zur Dauerüberwachung des Autoverkehrs genehmigt hatten, widersprechen dem Grundgesetz. Dabei gäbe es wohl wenig Widerspruch, wenn sich die Kripo darauf beschränken würde, die Technik nach einem Schwerverbrechen gezielt zu nutzen, um den Fluchtweg des Täters zu verfolgen. Doch die von Karlsruhe beanstandeten Gesetze hätten eine flächendeckende, ununterbrochene Kontrolle von Kfz-Kennzeichen ermöglicht. Wer so handelt, stempelt sämtliche Autofahrer zu potenziellen Verdächtigen. Dass die mit Juristen bestückten Landesbehörden die Unzulässigkeit solcher Gesetze nicht von vornherein erkannt hatten, stellt den Experten ein Armutszeugnis aus. Doch bei den Regelungen, die nun gekippt wurden, handelt es sich keineswegs um Paragraphen, die von übereifrigen Beamten entwickelt und blauäugigen Parlamentariern leichtfertig abgesegnet wurden. Nein, es geht um keine Ausrutscher. Vielmehr wurden ähnliche Gesetze in Bundesländern durchgewunken, in denen Union, SPD, aber auch Grüne und FDP in der Regierung sitzen. Das offenbart einen erschreckend breiten politischen Willen, Freiheitsrechte einzuschränken - selbst, wenn sich dabei der Kampf um höhere Sicherheit nur als fadenscheiniger Vorwand erweist. Zum Glück aber gibt es die Karlsruher Wächter.
Quelle: Leipziger Volkszeitung (von Armin Görtz)